Hamburger Schulpolitik und Zwei Säulen-Modell: Fauler Kompromiss zu Lasten von Chancengleichheit und guter Schule

Die UnterzeichnerInnen der „Hamburger Erklärung“ lehnen das geplante „Zwei-Säulen-Modell“ entschieden ab und fordern einen „Konsens der Gesellschaft“ an Stelle eines voreilig geschlossenen Kompromisses Hamburgs Schulsenatorin Dinges-Dierig und die CDU-Fraktion streben einen so genannten „historischen Kompromiss“ mit der SPD in der Enquete-Kommission zur zukünftigen Hamburger Schulpolitik an. Inhalt des Kompromisses ist das so genannte „Zwei-Säulen-Modell“, nach dem es künftig nur noch zwei Schulformen geben soll: das Gymnasium und eine „Stadtteilschule“, die alle anderen bisherigen Schulen vereinigt.

Im Oktober 2006 hat sich ein breites Bündnis unterschiedlicher Persönlichkeiten aus allen Bereichen von Politik und Gesellschaft in der „Hamburger Erklärung“ eindeutig für das Ziel ausgesprochen: „Länger gemeinsam lernen – Hamburg braucht eine Schule für alle Kinder!“

Wir, die Unterzeichner dieser Erklärung, warnen die Parteien nun vor dem faulen Kompromiss des Zwei-Säulen-Modells, der an den Grundproblemen unseres Schulsystems nichts ändern würde - der sozialen Diskriminierung und der Vergeudung von Leistungspotentialen und Zukunftsfähigkeit.

Allen Beteiligten ist längst bekannt, dass die Auslese der Kinder nach Klasse vier im Wesentlichen eine soziale Auslese ist. Es ist empirisch belegt, dass Kinder aus so genannten „höheren“ sozialen Schichten selbst bei gleichen schulischen Leistungen eine vier mal höhere Chance haben, das Abitur zu erreichen. Das so genannte „Zwei-Säulen Modell“ würde diese soziale Auslese jedoch fortschreiben. Nach den Plänen der CDU gäbe es eine eindeutige Hierarchie zwischen der „höheren“ und vermeintlich anspruchsvolleren Bildung auf dem Gymnasium, und den eher „praktisch“ und beruflich ausgerichteten Stadtteilschulen – genau wie im jetzigen dreigliedrigen System. Und genau so wäre eben auch der soziale Status eines Gymnasial Weges von vielen Menschen höher angesehen. Man sollte daher ehrlicherweise von einem „Zwei-Klassen-Modell“ reden.

Zudem widersprechen die angestrebten „erkennbar unterschiedlichen“ (Zitat Dinges-Dierig) Profile von Gymnasium und Stadtteilschule vollkommen den heutigen Anforderungen an eine moderne und zukunftsfähige Pädagogik und Bildung. Die klassische Trennung zwischen „praktischer“, berufsorientierter Bildung einerseits und „theoretischer“, wissenschaftsorientierter Bildung andererseits entspricht in keiner Weise den Anforderungen an zukunftsfähige, umfassende, integrierende und problemlösungsorientierte Schlüsselkompetenzen, an die methodische Fähigkeit zum lebenslangen Lernen. Die Konzeption der CDU liest sich wie ein trotziges Bekenntnis zu den „guten alten Zeiten“ einer vergangenen Bildungs- und Arbeitswelt – einer Welt, die führende Länder wie die skandinavischen schon lange hinter sich gelassen haben und auch deshalb ökonomisch inzwischen weit an Deutschland vorbeigezogen sind. Insofern wäre dieser schlechte Kompromiss tatsächlich ein „historischer“ – nämlich rückwärtsgewandt an überkommenen historischen Realitäten und Leitbildern orientiert.

Hamburg, 14. Januar 2007

·  SABINE BOEDDINGHAUS
Abgeordnete der SPD Bürgerschaftsfraktion

·  CHRISTA GOETSCH
Vorsitzende der GAL-Bürgerschaftsfraktion

·  KLAUS BULLAN
Vorsitzender der GEW Hamburg

·  KAREN MEDROW-STRUß
Vorsitzende des Elternvereins Hamburg e.V.

·  SIMON FRERK STÜLCKEN
Vorstand der SchülerInnenkammer

 

 

 

 

 

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