Aussetzung der aktuellen Schulzeitverkürzung an den Gymnasien

Appell mit Download

Hamburg, den 05.02.2004

Appell an alle verantwortlichen Bildungspolitiker

Bitte jetzt sofort:

Aussetzung der aktuellen Schulzeitverkürzung an den Gymnasien

- bevor es zu spät ist!

"Eine Gesellschaft, deren größtes Kapital das Wissen darstellt, ist nur dann auch in ökonomischer Hinsicht wettbewerbsfähig, wenn sie den Stellenwert von Bildung erkennt und entsprechend handelt". Dieses Leitbild der "Metropole Hamburg - Wachsende Stadt" bedeutet zwangsläufig, dass entsprechende Prioritäten gesetzt werden müssen. Demzufolge sind unbedingt umfangreiche Investitionen in den gesamten Bildungsbereich für eine verantwortungsvolle Zukunftssicherung unserer Gesellschaft unerlässlich.

Die notwendige Erweiterung von Bildungsangeboten, mit ergänzenden pädagogischen Konzepten, wird derzeit zusätzlich durch das aktuelle "Förderprogramm der Bundesregierung zum Ausbau von Ganztagsschulen" finanziell unterstützt. Eine von der jeweiligen Schulform unabhängige und ausschließlich bedarfsgerechte Orientierung soll bei der Auswahl einzelner Standorte im Mittelpunkt stehen!

Die erfolgreiche Umsetzung einer auch langfristig verantwortlichen Bildungspolitik beinhaltet aber gleichzeitig die sorgfältige Erarbeitung eines umfassenden, durchgängigen und wissenschaftlich fundierten Gesamtkonzeptes, was schließlich – in der Konsequenz - durch die erforderliche Bereitstellung der benötigten finanziellen Mittel auch realisiert werden muss.

Alle pädagogischen Einrichtungen müssen bei dieser konzeptionellen Planung mit einbezogen werden: von der Kinderkrippe, dem Kindergarten, der Grundschule, dem Hort, über die weiterführenden Schulen, mit den Gymnasien, bis hin zu den berufsbegleitenden Maßnahmen und schließlich den Hochschulen und den Universitäten.

Nur ein verantwortungsvolles Gesamtkonzept sichert die Chancengleichheit bei einer Schulzeitverkürzung und damit auch eine weitreichende Integration aller Kinder. Nach dem Aufbau einer breiten tragfähigen Basis an gut ausgebildeten Kindern können sich anschließend auch sog. Eliten in verschiedenen Bereichen unserer Gesellschaft entwickeln.

Erst wenn verlässlich für jedes Kind ab dem 3. Lebensjahr ein mehrstündiger - und im Bedarfsfall auch ganztägiger – Kindergartenplatz, mit anschließender Vorschulerziehung, angeboten wird, erhält man die erforderliche Ausgangsbasis. Dabei geht es auch hier um eine umfassende Qualitätssicherung, da im Grunde intensive auch spielerische Lerneinheiten bereits im Kindergartenalter beginnen müssen. Erst wenn der Stellenwert der frühkindlichen Förderung erkannt und verantwortungsvoll umgesetzt wird, können den Kindern die von den Schulen geforderten Basiskompetenzen angemessen vermittelt werden; dazu gehören z.B. die Sprache, die Integration, die Motivation, das Selbstvertrauen, das Verantwortungsgefühl, das Sozial- und Lernverhalten.

Ausschließlich gut ausgebildetes Fachpersonal zuzüglich einer insgesamt verbesserten Ausstattung kann dafür die notwendigen Voraussetzungen schaffen. Der berechtigte Anspruch auf eine optimale Förderung beinhaltet ein grundsätzliches Umdenken, da er nur durch die Bereitstellung von zusätzlichen Geldern realisierbar ist.

Die Einführung von verlässlichen sowohl Schulform- als auch bundesland- und parteiübergreifenden Rahmenbedingungen im gesamten Bildungsbereich sollten zusätzlich ein wesentlicher Bestandteil sein. Umfassende Bildungsreformen zur Sicherung verlässlicher Leistungsstandards für alle Kinder werden dringend benötigt. Dabei müssen auch aufeinander abgestimmte Konzepte, aber auch Schulzeiten eine Grundvoraussetzung für eine verlässliche Gesamtplanung sein. Trotz der insgesamt positiven Einführung von individuellen Schulprofilen und –programmen sollte u. a. auch endlich ein Schulwechsel innerhalb Deutschlands ohne Probleme möglich sein.

Ergänzend muss dieses durchgängige Gesamtkonzept unter Einbeziehung aller gesellschaftsrelevanten Voraussetzungen innerhalb der Bevölkerung geschehen, sollte sozial verträglich sein und setzt eine intensive, verantwortungsvolle, fristgerechte und gut strukturierte Vorbereitung voraus.

Das Thema der "Schulzeitverkürzung an den Hamburger Gymnasien" ist ein exemplarisches Beispiel für die momentan teilweise unverantwortlichen Fehlplanungen in der hiesigen Bildungspolitik.

Grundsätzlich ist die Mehrheit der Eltern, Schüler und Lehrer an den Hamburger Gymnasien unverändert für eine Schulzeitverkürzung auf 8 Jahre. Dieses Meinungsbild bestand bereits vor der Einführung und hat sich im Laufe der Zeit auch nicht grundlegend verändert – es geht ausschließlich um die nicht akzeptable jetzige Form: um das fehlende pädagogische Gesamtkonzept.

Die vor eineinhalb Jahren überstürzt und entsprechend mangelhaft vorbereitete Einführung der Schulzeitverkürzung an den Gymnasien hat nichts mit einer verantwortbaren Umsetzung dieses Vorhabens im Sinne der Zukunftssicherung unserer Kinder zu tun! Es ist vielmehr eine Katastrophe, mit welchen Problemen in der (Spar-) Bildungspolitik sich Eltern, Lehrer und Schüler täglich konfrontiert sehen - und eine positive Änderung ist nicht in Sicht. Jede Verkürzung der Schulzeit ohne eine Ganztagesbeschulung mit einem pädagogischen Gesamtkonzept bedeutet immer einen Rückschritt im gesamten Bildungsbereich. Das kann und darf sich keine Gesellschaft leisten, da dringend auch eine fortschrittliche Bildungsreform gebraucht wird. Gerade auch bei der Schulzeitverkürzung – wie auch in anderen Bereichen – wurde wieder der zweite vor dem ersten Schritt gemacht!

Die absolute Mehrheit der betroffenen Eltern mit ihren Kindern würde in der jetzigen Situation lieber heute als morgen eine "Umkehrung" zum Abitur nach 9 Jahren begrüßen. Momentan sind viele Eltern und Kinder extrem durch die negativen Auswirkungen der konzeptlosen Schulzeitverkürzung überlastet. Die anderen Erziehungsberechtigten, die mit diesem Problem nicht direkt konfrontiert werden, sind erleichtert darüber, dass sie sich nicht zusätzlich auch noch mit derartigen Missständen unseres Schulsystems auseinandersetzen müssen!

Bis heute fehlen (fast) jegliche Voraussetzungen für eine verantwortbare Schulzeitverkürzung - und das in gesellschaftspolitischer-, sozialer-, finanzieller-, materieller-, infrastruktureller-, räumlicher-, konzeptioneller-, pädagogischer-, didaktischer- und personeller Hinsicht!

Die folgende Auflistung verdeutlicht das begründet Anliegen der (zumindest befristeten) Aussetzung der momentanen Schulzeitverkürzung:

1. Die Gymnasien haben bis heute keine verlässliche Planungssicherheit für die Einführung der Ganztagsschulbetreuung im Zusammenhang mit der Schulzeitverkürzung ab September 2004.
Aufgrund ausstehender Kostenzusagen durch die Schulbehörde können z. B. für die zusätzliche Nachmittagsbetreuung noch keine erforderlichen Umbaumaßnahmen innerhalb und außerhalb der Gebäude konkret geplant, geschweige überhaupt vorgenommen werden. Die Einhaltung irgendwelcher verlässlichen Zeitraster ist nahezu ausgeschlossen, so dass keine konkreten Zusagen an Eltern und Schüler gemacht werden können, was insbesondere für voll berufstätige Erziehungsberechtigte nicht zumutbar ist.

 

2. Ein durchgängiges Gesamtkonzept mit Berücksichtigung bevölkerungspolitischer-, kultureller- und sozialwissenschaftlicher Gegebenheiten und unter Einbeziehung pädagogischer und didaktischer Aspekte fehlt bisher.

 

3. Die gesamte Finanzierung aller kürzlich aufgelisteten Ganztagsschulen ist nicht annähernd sichergestellt, das betrifft die einmaligen Investitionen (z. B. Umbau), die Folgekosten (z. B. Ausstattung der Räumlichkeiten), zuzüglich der laufenden Unkosten (z. B. Personal, Bücher, Arbeitsmaterialien und Essen)
In diesem Zusammenhang ist eine dringliche Überprüfung einer bedarfsgerechten Umwandlung der jeweiligen Schulen erforderlich; gerade im Hinblick auch auf die erforderlichen pädagogischen Konzepte.
Es werden schätzungsweise Millionenbeträge, eventuell sogar im 3-stelligen Bereich erforderlich sein, um dieses Vorhaben auch nur annähernd verantwortungsvoll umsetzen zu können!

 

4. Für die laufenden Kosten der Schulzeitverkürzung , wie z. B. Personal, Honorarkräfte, zusätzliche Musik-, Sport-, Werk-, Bastel-, und Arbeitsmaterialien, existiert bisher weder verlässliche Berechnungsgrundlage, noch haben die Schulen irgendwelche Kostenzusagen.
Da bisher z. B. selbst die 3. Sportstunde und/oder ein verstärktes musisches Angebot nicht ausreichend durch zusätzliches Personal abgesichert sind, und auch die Gelder für die angemessene Ausstattung dieser Fächer größtenteils fehlen, erscheint es mehr als fraglich, dass die jetzt zusätzlich anfallenden Mehrkosten auch nur annähernd zur Verfügung gestellt werden können.

 

5. Die derzeitige personelle Ausstattung ist für eine Ganztagesbetreuung absolut unzureichend. Zusätzliches Fachpersonal (Lehrer, Pädagogen, qualifizierte Honorarkräfte) muss in einer großen Anzahl ergänzend eingestellt werden. Dieser "Posten" ist nur mit enormen zusätzlichen Geldern umzusetzen!

 

6. Die gesamten Voraussetzungen (finanziell, baulich, personell, zeitlich) für einen notwendigen und gesunden "Mittagstisch" für alle Kinder, reichen nicht annähernd aus. Es müssen dringend zusätzliche oder erweiterte Küchen und Kantinen eingerichtet werden. Die an einigen Schulen bewährten "Koch-, Milch- und/oder Pausenmüttermodelle" müssen umstrukturiert werden. Sie können größtenteils den ansteigenden Bedarf nicht mehr abdecken, so dass Fertiggerichte bestellt werden müssen. Gerade im Hinblick auf die Zunahme der falsch bzw. ungesund ernährten und oft zu dicken Kinder und Jugendlichen, kann und darf ein "Kioskmodell" mit einem zusätzlichen Angebot an ungesunden "Dickmachern" nicht die vorrangig kostengünstigere Lösung dieses Problems sein. Die umfangreichen Spätfolgen sind seit längerem bekannt.
Eine gesunde Ernährung ist, nach wissenschaftlichen Erkenntnissen, für das Leistungsvermögen der Kinder ausschlaggebend und muss folglich auch in den Schulen angeboten werden!

 

7. In diesem Zusammenhang ist die Einführung einer neuen Pausenordnung unerlässlich, da die Schüler eine längere Mittags- und anschließende Ruhepause benötigen. Von dieser Regelung sind alle Schüler betroffen, was zu organisatorischen Folgeproblemen führt. Schließlich laufen zwei Systeme parallel, wobei die älteren Schüler (noch) keine erweiterten Pausen benötigen und schließlich oft durch Unruhe im Unterricht gestört werden. Dieses Problem wäre oft nur durch umfangreiche bauliche Maßnahmen zu lösen!

 

8. Die Kinder haben bis heute keine der Schulzeitverkürzung angepassten Bücher und/oder Lern-, Lehr- und Arbeitsmaterialien. An den Gymnasien gibt es offensichtlich keine - noch wäre eine Neuanschaffung momentan finanzierbar. Die in diesem Zusammenhang dringend erforderliche Überarbeitung der Inhalte, konnte aufgrund der überstürzten Einführung der Schulzeitverkürzung bisher noch nicht annähernd geleistet werden.

 

9. Selbst für die Aktualisierung des derzeitigen Bücherbestandes in allen Klassen und Schulen reichen derzeit die Gelder der Bildungsbehörde nicht annähernd aus. Auch wurde z.B. das neue Fach PGW (Politik, Gesellschaft, Wirtschaft) ohne die Bereitstellung von Büchern und Arbeitsmaterialien eingeführt.
Gerade nach dem sog. PISA – Schock, haben Schulen teilweise über Schulvereinsgelder (Spenden!) etliche neue, teure und didaktisch wertvolle Bücher zusätzlich angeschafft, die nun schon wieder "überholt" sind?!

 

10.Ergänzend dazu wurden in Arbeitsgruppen, durch etliche Lehrer, neue und erweiterte Arbeitsunterlagen und Lernprogramme unter pädagogischen und didaktischen Gesichtspunkten erarbeitet. Dieses ist alles auf die 9 Jahre ausgerichtet und kann deshalb nur noch begrenzt weiter verwendet werden!

 

11.Bisher wurde sogar häufig zu Beginn des neuen Schuljahres der Unterrichtsstoff des letzten abgeschlossen.
Jetzt sollen die Inhalte einfach nur schneller, ohne jegliche Vertiefung abgehandelt werden, indem im Verlauf der 5. Klasse einfach der Unterrichtsstoff der 6. Klasse vorgezogen wird. Zusätzliche Vorbereitungszeiten sollen damit nicht verbunden sein (Aussage eines Oberschulrates)! Auch dieses "Verfahren" geht zu Lasten der Kinder, die durch ihr Elternhaus weniger Unterstützung erhalten können.

 

12.Die weder konzeptionell noch didaktisch vorbereitete Einführung der 2. Fremdsprache bereits in Klasse 6 ist zusätzlich für viele Kinder problematisch. Für die meisten Schüler beginnt oft erst ab Klasse 5 der fundierte Englischunterricht, wobei erschwerend hinzukommt, dass die durch die Grundschulen gelegte Ausgangsbasis in den Leistungen bisher insgesamt leider sehr unterschiedlich ist. Folglich bedeutet das ebenfalls, dass etliche Schüler z. B. ohne die tatkräftige und zeitaufwändige Unterstützung ihrer Eltern, oder ähnliche Förderungsmöglichkeiten, den Anschluss an die geforderten Leistungen spätestens jetzt verlieren würden.

Das Beispiel der Albert-Schweitzer-Gesamtschule macht deutlich, dass die Einführung der 2. Sprache unproblematisch umsetzbar sein kann, wenn bereits in der 1. Klasse mit dem Englischunterricht begonnen wird. Je nach Leistungsstand werden die Kinder dort ab der 5. bzw. 7.Klasse in der 2. Fremdsprache unterrichtet.

 

13.Ein inhaltlicher konzeptioneller Mangel zeigt sich z. B. im Fach Erdkunde. Wie sollen unsere Kinder global denken lernen, wenn sie in der Grundschule im Sachkundeunterricht Kenntnisse über Hamburg, Schleswig-Holstein und vielleicht einige europäische Städte erwerben und in der 5. Klasse am Gymnasium wieder bei unserer Hansestadt anfangen. Da aber dieses Fach erst dann wieder ab der 7. Klasse unterrichtet wird bedeutet es, dass die Kinder durch den bis dahin nicht vorgesehenen Schulunterricht keine Vorstellung von dem erhalten können, was und wo z.B. die Kontinente sind. Zusammenhänge für das umfassende Weltgeschehen und ein Verständnis für politische Entwicklungen können diesen Schülern sicherlich nur schwer vermittelt werden!
Das Problem der effektiven Wissensvermittlung erforderlicher Inhalte, ist allerdings nicht neu, wird sich aber offensichtlich bei der derzeitigen Schulzeitverkürzung weiter verschlechtern. Dieses ist allerdings ein vielschichtiges Problem und hängt mit den Inhalten, der Didaktik und der Pädagogik zusammen; es sollten aber zumindest ausreichende Rahmenbedingungen für ein erfolgreiches Lernen geschaffen werden.

 

14.Inhaltlich sind auch, insbesondere bei der Schulzeitverkürzung, keine annähernd ausreichenden Zeitreserven für sog. Klassenlehrerstunden vorgesehen, in denen innerhalb der Schülergruppe Probleme oder Anliegen thematisiert und konsequent aufgearbeitet werden können. Der Stellenwert dieser Stunden hat gerade in der letzten Zeit, durch die allgemeine Verschlechterung des sozialen Klimas auch an den Schulen, deutlich zugenommen, so dass es bereits Arbeitskreise (von Lehrern, Eltern und Schülern) zum Thema "Sozialverhalten" gibt.

 

15.Die allmähliche Aufstockung des Unterrichts auf mindestens 34 Wochenstunden hat nicht nur weit reichende Konsequenzen für die Kinder, sondern auch für das gesamte Familienleben und die Termin- und Freizeitgestaltung. Zusätzlich zu den Unterrichtsstunden kommen die Hausaufgaben hinzu, die insbesondere in den ersten Jahren an den Gymnasien bei den meisten Kindern nicht ohne Mithilfe der Erziehungsberechtigten erledigt werden können.

 

16.Eine freiwillige Teilnahme an zusätzlichen schulischen Veranstaltungen, wie z. B. Arbeitsgemeinschaften, wird bei der jetzigen Umsetzung der Schulzeitverkürzung abnehmen. Hochmotivierte und interessierte Kinder können beim jetzigen Stand kaum noch an ergänzenden Neigungskursen teilnehmen. Entweder scheitert es an den freien Zeitkapazitäten, der Konzentration oder oft auch an fahrtechnischen Problemen.

 

17.Solange man bei der jetzigen Schulzeitverkürung, mit ihren zusätzlichen Unterrichtsstunden, die Hausaufgabenbetreuung und den Bereich der außerschulischen Aktivitäten nicht in ein Gesamtkonzept integriert, haben Schüler im Extremfall eine insgesamt mehr als 50 Stunden – Woche!

 

18.Da aber bis heute nicht annähernd die erforderlichen Stunden erteilt werden, sondern der Unterrichtsausfall weiterhin eines der zusätzlichen Hauptprobleme an den Schulen ist, relativiert sich dieses Thema. Rechnet man die derzeit ausfallenden Stunden Überschlagsweise zusammen, so sind es ca. 1 - 4 Stunden pro Woche.
Hochgerechnet werden im Extremfall aus den geplanten 12 schließlich nur 11- 11 ½ Schuljahre; also noch 7 bis höchstens 7 ½ Jahre bis zum Abitur!
(Berechnungsgrundlage: 40 Wochen x 32 Std. = 1280 Std. pro Schuljahr, bei (nur) 2 Fehlstunden pro Woche entsteht eine Differenz von 80 Std. pro Jahr. Hochgerechnet kann es bei 8 Schuljahren eine mögliche Gesamtsumme von 960 Minusstunden ergeben!)

 

19.Solange selbst der Mindestbedarf an Unterrichtsstunden durch zusätzliche Lehrerstellen u. a. aus Kostengründen nicht geschaffen wird, erscheint allein der Lösungsansatz einer Finanzierung der kostenintensiven Schulzeitverkürzung, zuzüglich der Ganztagesbetreuung, undenkbar!

 

20.Zwangsläufig wird auch insbesondere bei der jetzigen Schulzeitverkürzung das Leistungsniveau weiter absinken - oder aber es werden weit weniger Kinder das Abitur am Gymnasium schaffen können. Um den geforderten Leistungsansprüchen gerecht werden zu können, sind bei etlichen Kindern begleitende Maßnahmen, zeit- oder phasenweise, unentbehrlich. Dabei handelt es sich bei dieser Zielgruppe fast ausschließlich um Schüler mit einer Gymnasialempfehlung, also Kinder, die Grundvoraussetzungen für ein Abitur mitbringen. Die Gruppe derer, die momentan ohne jegliche "Mithilfe" auskommt ist relativ klein!

 

21.Der zusätzliche Unterrichtsausfall in Verbindung mit der Schulzeitverkürzung führt weiter dazu, dass z.B. immer häufiger der Bildungshintergrund der Eltern für die Unterstützung ihrer Kinder ausschlaggebend ist. Auch gibt diese Gruppe häufiger ihr Kind auch ohne Empfehlung auf ein Gymnasium.
Da bekannt ist, dass etliche dieser nicht empfohlenen Kinder das Abitur schaffen (teilweise auch durch zusätzlichen Nachhilfeunterricht) sollten die daraus resultierenden Konsequenzen folgerichtig umgesetzt werden.

 

22. Grundsätzlich sollte über eine Umverteilung der Unterrichtsstunden nachgedacht werden. Beispielsweise beginnen die Abiturprüfungen bereits vor den Frühjahrsferien, so dass nach dem Abschluss eine relativ lange Pause entsteht. Warum hat man die Schulzeitverkürzung primär zu Lasten der jüngeren Schüler ausgelegt.
Gerade die jüngeren Kinder haben noch einen verstärkten Bewegungs- und Spieldrang, der bei den Jugendlichen doch deutlich abnimmt. Zusätzlich sind gerade die 5. – 7. Klässler in allen Bereichen immer noch verstärkt auf die Mithilfe und Unterstützung durch die Erziehungsberechtigten angewiesen.

 

23. Eine zusätzliche Verschlechterung der Rahmenbedingungen im Unterricht ist durch die Einführung des Lehrerarbeitszeitmodells und die des neuen Schulgesetzes erreicht worden. Durch die Erhöhung der Basisfrequenzen gibt es 5. Klassen in denen bis zu 32 Kinder unterrichtet werden, wobei gerade in der Beobachtungsstufe die Leistungs- und Arbeitsvoraussetzungen sehr heterogen sind und am ehesten in kleinen Klassen und Arbeitsgruppen aufgefangen und angemessen umgesetzt werden können. Leider kann derzeit fast ausschließlich ein Frontalunterricht erteilt werden, da eine Umsetzung anderer Unterrichtsformen häufig an organisatorischen und/oder personellen Voraussetzungen scheitert. Bei dem jetzigen Konzept der Schulzeitverkürzung, in Verbindung mit der Klassengröße und den verschlechterten Rahmenbedingungen, kann kaum noch individuell gefördert, sondern (fast) nur noch aussortiert werden.

 

24. Die Reduktion der geforderten Klassenarbeiten und die damit verbundene Einbeziehung anderer adäquater Leistungsnachweise wird grundsätzlich positiv gesehen. Bei diesen Klassengrößen bedeutet es aber, dass der jeweilige Lehrer gar nicht mehr die Zeit und die Möglichkeit hat, für eine umfassende Beurteilung jedes einzelnen Schülers individuelle Leistungs- oder Gruppenarbeitsüberprüfungen vorzunehmen. Da aber gerade der Fachlehrer zum Teil nur 2 Stunden pro Woche in manchen Klassen unterrichtet, ist eine angemessene Leistungsbeurteilung nach dem ersten Halbjahr nicht umsetzbar.

 

25.Zusätzlich ist auch eine angemessene individuelle Binnendifferenzierung bei derartigen Verhältnissen nicht mehr realisierbar, so dass man vielen Kindern nicht nur bei einer Leistungsbeurteilung, sondern insbesondere bei der adäquaten Ansprache und Wissensvermittlung nicht annähernd gerecht werden kann.
Entsprechend umfangreiche Vor- und Nachbereitungszeiten für derartige Klassengrößen und –strukturen sind u. a. beim Lehrerarbeitszeitmodell nicht ausreichend mit berücksichtigt worden.

 

26.Teilungs- und Förderstunden können nicht mehr in ausreichender Form gegeben werden. Das bedeutet in der Praxis, dass weder die in einzelnen Bereichen schwächere Kinder umfassend gefördert – noch an die leistungsstarken Schüler gezielte Anforderungen gestellt werden können. Auch das ergänzende und bewährte Angebot von interessen- und/oder leistungsorientierten Arbeitsgruppen ist jetzt nicht mehr angemessen realisierbar, geschweige denn ein bewährter klassen- und/oder fächerübergreifender Unterricht.

 

27.Aufgrund positiver Erfahrungen und zusätzlich durch wissenschaftliche Studien untermauert, sollte das Angebot an geschlechtsspezifischen Unterrichtseinheiten zu einzelnen Themen und/oder in phasenweise einzelnen Fächern (z. B. Biologie/Aufklärungsunterricht, Sport, Physik, Chemie) auch weiter an Hamburger Schulen verstärkt eingesetzt werden. So können auch geschlechtsspezifische Unterschiede im Lern- und Arbeitsverhalten deutlich effektiver kompensiert werden.

 

28. Das Thema der sog. "Jungenproblematik" an den Schulen wird u. a. erfolgreich mit dieser Unterrichtsform kompensiert. Gerade auch bei einer Ganztagesbetreuung fällt dieser gezielten Art der Ansprache eine besondere Bedeutung zu. Auch für diesen pädagogischen Anspruch gibt es weder bei der Schulzeitverkürzung noch bei den Ganztagsschulkonzepten irgendwelche Finanzmittel.

 

29. Gleichzeitig wurden jetzt mit dem neuen Schulgesetz die verlässlichen Vergleichsarbeiten erweitert, Zwischenprüfungen und das Zentralabitur eingeführt. Grundsätzlich wird eine Überprüfung von vergleichbaren, allgemein bildenden Leistungsstandards begrüßt. Aber auch dieser Bereich relativiert sich durch die jetzt mögliche Form des Unterrichts in Verbindung mit der Schulzeitverkürzung, da die einzelnen Schüler momentan zwangsläufig ungleiche Ausgangsvoraussetzungen besitzen.

 

30.Die "inoffizielle" Verkürzung der Beobachtungsstufe in Verbindung mit der Einführung der aktuellen Schulzeitverkürzung bedeutet für viele Erziehungsberechtigte und deren Kinder eine enorme zusätzliche Belastung. Bereits nach einem halben Jahr sollen Prognosen für die schulische Laufbahn von 10 – 11 jährigen Kindern gestellt werden, was nicht nur in der derzeitigen Situation unverantwortlich ist! Kein Pädagoge besitzt die Kompetenz nach so kurzer Zeit, und mit oft wenigen Stunden, so eine weit reichende Entscheidung zu fällen! Dieser verstärkte Leistungs- und Entscheidungsdruck mit seiner psychischen Belastung wird von der absoluten Mehrheit der Eltern kategorisch abgelehnt, da er bereits frühzeitig demotiviert, entsolidarisiert und sich negativ auf das Sozialverhalten auswirkt.

 

31. Für die sog. "Klassenwiederholer", die jetzt von der normalen in die verkürzte Schulzeit mit dem u. a. veränderten Sprachkonzept wechseln müssen, ergeben sich, abgesehen von der psychischen Belastung, ggf. weit reichende zusätzliche Folgeprobleme. Ohne flankierende Hilfsangebote, wie z. B. Nachhilfe- und/oder Förderunterrichtsstunden, führt diese Situation derzeit im Extremfall zum Schulformwechsel unter dem Verlust des sozialen Umfeldes – häufig mit den bekannten fatalen Folgen.
Für diese Schülergruppe wurden weder alternative und pädagogische Lösungsangebote unter Berücksichtigung der individuellen Rahmenbedingungen erarbeitet, noch wurde der Sinn dieser gesamten Maßnahme hinterfragt! Ab einem gewissen Leistungsstand ist derzeit eigentlich nur durch den Wechsel in eine (Integrierte) Haupt- und/oder Realschule eine Wiederholung der Klasse noch möglich, da es diese umstrittene Maßnahme und zusätzlich sehr kostenintensive Maßnahme nur noch im 3-gliedrigen Schulsystem gibt. Durch zusätzliche Förderprogramme wäre sicherlich so manche " Tragödie" vermeidbar.
Das Konzept der "Integrierten Gesamtschulen" schließt grundsätzlich ein "Sitzenbleiben" aus pädagogischen Gründen aus, wobei jetzt zunehmend mehr Schüler nach Problemen am Gymnasium in dieses System überwechseln. Eine Schulzeitverkürzung kann dort (noch!?) nicht eingeführt, da sie mit der Grundkonzeption dieser Schulen aus didaktischen und pädagogischen Gründen nicht vereinbar ist.

 

32.Das Problem der Schulformwechsler wird sich aus den verschiedensten, teilweise erwähnten Gründen sicherlich durch die momentane Schulzeitverkürzung weiter vergrößern. Die rückläufigen Anmeldezahlen an den Gymnasien und der verstärkte Zuspruch für die Gesamtschulen ist bereits ein Ergebnis dieser Maßnahme. Es ist erwiesen, dass durch die sog. "Klassenwiederholer" und die "Schulform- und/oder Schulwechsler" enorme Zusatzkosten entstehen, die durch eine Umverteilung in Förderstunden u. ä. sicherlich sinnvoller eingesetzt werden können.
Wenn man zusätzlich weiß, dass beispielsweise oft über 50 % der Schüler, spätestens in den 10. Klassen der (Integrierten) Haupt- und Realschulen, Schulformwechsler von den Gymnasien sind (das extremste war vor Jahren sogar eine komplette Klasse), dann sollten spätestens jetzt folgerichtige Konsequenzen gezogen werden!

 

33.Die ständig zunehmende Anzahl der sog. Schulverweigerer und –versager ist besorgniserregend, genau so wie die Zunahme an sog. Verhaltensauffälligen oder –gestörten Kindern und Jugendlichen. Auch dagegen ist die momentane Schulzeitverkürzung, ohne jegliches pädagogische Konzept, absolut kontraproduktiv. Grundvoraussetzungen für ein harmonisches und vertrauensvolles Miteinander können, durch den deutlich verstärkten Leistungsdruck, bei momentan verschlechterten Rahmenbedingungen, schwieriger entwickelt werden. Zusätzlich ist wenig Zeit für die individuelle Ansprache jedes einzelnen Schülers vorhanden. Aber gerade durch eine gezielte Ansprach jedes einzelnen Schülers, teilweise mit ergänzenden Elterngesprächen, ggf. unter Hinzuziehung flankierender Maßnahmen, können negative Schulkarrieren häufig vermieden werden. Da gerade in dieser Gruppe momentan auch teilleistungs- oder sogar hochbegabte Schüler/innen zu finden sind, gehen der Gesellschaft zusätzlich ggf. unglaubliche Kapazitäten zeitweise - oder im Extremfall sogar ganz - verloren.

 

34. Das Thema "Mobbing" muss in diesem Zusammenhang als ein Schulform übergreifendes Problem genannt werden, da es zunehmend mehr Kinder und Jugendliche betrifft. Häufig sind gerade die sog. Schulverweigerer, -versager, -abbrecher oder Schüler mit vielfältigen Schwierigkeiten in dieser Gruppe zu finden. Dabei beinhalten leider häufig soziale Aspekte, wie z.B. Anpassungsschwierigkeiten, Misstrauen, Minderwertigkeitsgefühle, den Hintergrund für derartige Fehlverhaltensweisen. Auch diesem Problem muss mit geeigneten Maßnahmen die Grundlage entzogen werden, weil alle Sparmaßnahmen im Bildungsbereich langfristige Folgen haben werden.

 

35. Zunehmend ist aber auch ein auf Leistung bezogenes Ausgrenzen zu beobachten. Besonders gute Schüler müssen zeitweise, je nach Klassenzusammensetzung, unter dem negativen Druck der restlichen Schüler leiden und vereinsamen oder aber passen sich an! Ein Umdenken im Hinblick auf ein positiv besetztes Leistungsverhalten muss unbedingt mit allen zur Verfügung stehenden Maßnahmen entwickelt werden, auch das sollte konzeptionell mit umgesetzt werden. Dabei sind gerade die verstärkt auf das Aussortieren ausgerichtete jetzige Schulzeitverkürzung absolut kontraproduktiv.

 

36. Es wird generell ein "Werteverfall" und Rückgang des Sozialverhaltens beklagt. Dagegen schließt man hier, ohne Alternativüberlegungen und –konzepte, bisher langfristig eine ganze Schülergruppe von der Teilname an umfassenden gesellschaftlichen Aktivitäten aus.
Eine zwangsläufig veränderte Freizeitstruktur wird bei der jetzigen Umsetzung zusätzlich, durch die Einschränkung der sozialen Kompetenz, eine "Verarmung" im kulturellen und sozialen Bereich zur Folge haben, da isoliert (fast) eine ganze Schülergruppe kaum noch an Veranstaltungen, Aktivitäten und Schulungen auf diversen Gebieten teilnehmen.

 

37.Außerschulische Sozialkontakte werden erschwert, genauso wie die Wahrnehmung anderer Interessen.
Eine einseitige soziale Prägung und häufig eine erforderliche Einschränkung der privaten Aktivitäten (ob z.B. musischer-, sportlicher- oder kreativer Art) sind die Folgen. Wenn ein Kind, gerade in der Beobachtungsstufe (aber auch später), mit seinen Schulleistungen Probleme hat, werden in der Regel als erstes die privaten Aktivitäten reduziert.

 

38.Die notwendige Einbeziehung der erforderlichen Infrastruktur inner- und außerhalb der Schulen, wurde für den zusätzlichen Nachmittagsunterricht bisher nicht ausreichend berücksichtigt. Was wird z. B. aus den Sportvereinen, die bisher am Nachmittag die Hallenkapazitäten genutzt haben? Wann sollen in Zukunft außerschulische Sport-, Musik- oder andere Wettkämpfe und z. B. der Konfirmandenunterricht und weitere Veranstaltungen stattfinden? Ein eigentlich vermeidbares "Chaos" ist vorprogrammiert!

 

39.Kooperationsverträge unter Einbeziehung der im Kinder- und Jugendsektor tätigen Vereine, Verbände, Organisationen, Einrichtungen, Schulen u. ä. existieren bisher (fast) gar nicht. Auch hier ist derzeit keine realistische Planung aufgrund fehlender Kostenzusagen möglich! Auf die fatalen Folgen für die gesamte Vereins- und Kulturlandschaft (wie z. B. Sport, Musik, Theater, Kirchen, karitative Verbände, Jugendeinrichtungen, Umwelt- und Naturschutzorganisationen) muss eindringlich hingewiesen werden.
Gerade die soziale und integrative Funktion von diesen im gesamten Kinder- und Jugendbereich tätigen Organisationen ist für unser gesellschaftliches Miteinander unentbehrlich. In diesem Zusammenhang geht es auch um eine Vorbildfunktion und um eine soziale Verantwortung für die jeweiligen Gruppen und/oder Institutionen. Dabei ist eine (überlebens-)notwendige Kooperation für beide Seiten in vielerlei Hinsicht eine objektive Bereicherung nicht nur für die erforderlichen Ganztagsbetreuungsmodelle, sondern für das humane Miteinander in unserer gesamten Gesellschaft.
Außerdem sollte z. B. nicht vergessen werden, dass ohne diese zusätzliche und erfolgreiche Arbeit der Vereine, Hamburg sicherlich langfristig deutlich weniger Spitzensportler, erfolgreiche Musiker, aber auch ehrenamtliche tätige Kinder und Jugendliche haben wird, da auch diese Zielgruppe zukünftig weder an verstärkten Trainingsstunden noch regelmäßig an Treffen und/oder Wettkämpfen teilnehmen kann.

 

40. Bei der gesamten Einführung der Schulzeitverkürzung und dem vorgesehenen Ausbau von Ganztagsschulen wurde die Basis nicht in ausreichendem Maße mit einbezogen. Weder wurden Kritikpunkte der vor Ort tätigen Lehrer, noch die der Eltern, oder die der Schüler aufgenommen, geschweige denn folgerichtig umgesetzt. Wenn die eigene Fachkompetenz nicht ausreicht, sollten zumindest die begründeten Hinweise der fachkompetenten Gremien berücksichtigt werden.

 

41. Die wissenschaftliche Erkenntnisse durch etablierte Studien sind offensichtlich bei den momentanen Veränderungen nicht annähernd mit berücksichtigt worden. Die Umsetzung von gesellschaftspolitisch relevanten und folgerichtigen Konsequenzen aus den bekannten Studien und/oder Untersuchungen ( PISA-, Unicef-, OECD- Studie und der Lernausgangslagenuntersuchung: LAU u. ä.) ist nicht zu erkennen. Selbst nach den aktuellen Hinweisen und Forderungen aus der Wirtschaft, nach insgesamt besserer Bildung für alle Kinder und auch mehr Abiturienten, sind offensichtlich keine entsprechenden Schlussfolgerungen gezogen worden.

 

42. Die Chancengleichheit und Integration aller Kinder werden momentan weiter abgebaut! Die umfangreichen Kürzungen im Bildungsbereich können sich negativ auf die Entwicklung sämtlicher Schüler auswirken, wobei diese Benachteiligung in manchen Haushalten durch die Unterstützung der Erziehungsberechtigten kompensiert werden können. Bei der jetzigen Schulzeitverkürung, und der damit verbundenen Auswahl für die entsprechende Schulform, ist für die Entscheidung vieler Erziehungsberechtigten mit ihren Kindern, besonders ihr eigener Bildungshintergrund, ihre familiären Rahmenbedingungen (z. B. Betreuungssituation: ein Elternteil überwiegend Zuhause, zeitlich begrenzte oder ganztägige Berufstätigkeit beider Elternteile, geschiedene und/oder allein erziehende Sorgeberechtigte) und auch ihre finanziellen Möglichkeiten ausschlaggebend. Deshalb müssen gerade bei den geplanten Ganztagsschulen die sozialen und pädagogischen Konzepte ausschlaggebend sein. Bevor man an den Gymnasien, aufgrund der jetzigen Schulzeitverkürzung mit den insgesamt fehlenden Grundvoraussetzungen, nur einen Mittagstisch ohne jegliche konzeptionelle Erweiterung anbietet, sollte dieses Vorhaben unbedingt aus den geschilderten vielschichtigen Gründen ausgesetzt werden.

 

Konsequenzen:

Mindestens 40 Argumente sprechen die für eine sofortige Aussetzung der Schulzeitverkürzung an den Gymnasien…. und nur 1 dagegen. Das einzige Argument ist ausschließlich, dass Schüler 1 Jahr früher das Abitur machen können – aber der Preis dafür ist enorm hoch; und das nicht (nur) aus finanzieller Sicht!

Diese Auflistung erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit – aber sie muss als Gesamtbild gesehen werden. Dabei wurden diese Informationen wie folgt zusammengestellt: Rückmeldungen, Beobachtungen, Erfahrungen, Hinweise und auch Warnungen von besorgten Eltern aller Schulformen (von der Grund- bis zu den weiterführenden Schulen), von Lehrern verschiedener Schulen, von Pädagogen der Jugendmusikschule, von Trainern aus Sportvereinen, von kirchlichen Mitarbeitern und anderen engagierten Mitbürgern aus unterschiedlichsten Altersstufen, auch außerhalb von Hamburg!
Die geschilderten Rahmenbedingungen verdeutlichen die Problematik der derzeitigen Schulzeitverkürzungen an den Hamburger Gymnasien. Ein verantwortungsvolles Handeln im Sinne unserer Kinder bedeutet zwangsläufig, dass diese Situation schnellstmöglich beendet werden muss. Da grundsätzlich nichts gegen eine Verkürzung spricht, sollte man jetzt zu der Möglichkeit einer ggf. zeitlich befristeten Aussetzung dieser Maßnahme greifen. Sobald die dringend erforderlichen Gesamtvoraussetzungen und - planungen geschaffen worden sind, bräuchte schließlich, im Bedarfsfall, nur die Befristung aufgehoben zu werden.

Auf Kosten der Zukunft unserer Kinder sollten keine halbherzigen und kurzsichtigen Versuche einer Schulzeitverkürzung und/oder ähnlich überstürzt eingeführte "(Spar)Maßnahmen" unternommen werden - und schon gar nicht ohne ein tragbares Gesamtkonzept mit den fehlenden Vorraussetzungen!

Beispielsweise haben sich in Schleswig-Holstein angeblich von den 99 Gymnasien nur zwangsläufig 9 bereit erklärt, das Modell der Schulzeitverkürzung unter den jetzigen Rahmenbedingungen einzuführen. Überwiegend die Schulen, an denen bereits der Versuch mit sog. Springerklassen läuft (einer Schulzeitverkürzung auf insgesamt 12 Jahre für besonders begabte Kinder), waren dazu bereit. Dabei bleibt dieses Modell bis zur abschließenden Evaluation zusätzlich auch nur auf einzelne Klassen begrenzt!

In Hamburg ist dieser Vorschlag leider – trotz aller bekannten Begründungen – nicht umgesetzt worden!

Das Konzept, nur noch einzelne Klassen mit entsprechender Unterstützung weiter zu führen, wäre aber in der momentanen Situation ein realistischer Lösungsansatz für die Hamburger Gymnasien.
Die Mehrheit der Eltern würde bei einer Wahlmöglichkeit auch heute noch ihr Kind aus den jetzigen betroffenen Klassen herausnehmen. Bei häufig 4 Parallelklassen könnten ohne Probleme und je nach Bedarf z. B. 3 Klassen in das bisherigen Konzept überwechseln (9Jahre) und die besonders begabten Kinder könnten, je nach pädagogischer Einschätzung und unter Einbeziehung der Erziehungsberechtigten, in einer sog. Springerklasse bleiben. Dieser Weg wäre relativ unbürokratisch machbar und würde von vielen Eltern dankend angenommen werden.

Eine Überprüfung dieses Vorschlages lohnt sich sicherlich. Die Diskussionen darüber sollten bitte, trotz des Wahlkampfes, parteiübergreifend und in Verantwortung für das Wohl unserer Kinder geführt werden.

 

Kommentar:

In der Hansestadt Hamburg gibt es nur noch knapp 19% Haushalte mit Kindern. Vielleicht ist aber gerade das der Grund dafür, dass die Interessen dieser "Minderheit" häufig nur durch ausgiebige Proteste umgesetzt werden können. Als für die Parteien unattraktive Wählergruppe sind Erziehungsberechtigte also nicht von Bedeutung, da gerade Hamburg offensichtlich eine Stadt der Single ist, werden die Schwerpunkte leider häufig anders gesetzt.

Als Konsequenz aus dieser kinderlosen Gesellschaft, sollte dagegen alles Mögliche gegen dieses Missverhältnis unternommen werden. Dazu zählt, dass diese Zielgruppe durch die Schaffung von kinder- und familienfreundlichen Rahmenbedingungen, in Verbindung mit einer umfassenden Unterstützung, eine bessere Ausgangsbasis für die optimale Entwicklung ihrer Kinder erhalten sollte. Gerade ein verantwortungsvoller umfassender Ausbau der Bildungseinrichtungen für Kinder und Jugendliche ist für die Zukunft unentbehrlich. Langfristig gehört selbstverständlich der Ausbau von Ganztagsschulen mit pädagogischen Konzepten dazu, wobei aber im Vorwege die umfassenden Konzepte erstellt werden müssen. Unsere Kinder dürfen nicht länger, insbesondere durch mangelhaft durchstrukturierte "Experimente", die Opfer der Sparpolitik sein, sondern haben zumindest Anspruch auf die festgelegten Grundstunden mit entsprechender Ausstattung!

Jedes einzelne Kind muss "mitgenommen" und entsprechend so früh wie nur möglich optimal gefördert werden. Wir können es uns auch volkswirtschaftlich gar nicht mehr leisten, dass hier durch konzeptlose Sparmaßnahmen, wie u. a. der jetzigen Form der Schulzeitverkürzung, eine ganze Generation von Schülern nicht mehr ihren möglichen Leistungskapazitäten entsprechend unterrichtet wird.

Alle reden vom demographischen Faktor der weit reichende gesellschaftliche Folgeprobleme verursachen wird – und hier setzt man mit unreflektierten Sparmaßnahmen unsere gemeinsame Zukunft aufs Spiel!

Nach dem Kita-Chaos und dem Hochschul-Trauma folgt dazwischen jetzt der Schul-Schock!?

Das muss nicht sein! – Deshalb dieser dringliche Appell an alle verantwortlichen Bildungspolitiker!

 

Mit freundlichen Grüßen
Edda Georgi

Zur Person: Mutter von 2 Kindern (11u.15 Jahre), Hausfrau, Erzieherin, Dipl. Sozialpädagogin (Berufserfahrung: Integrationsarbeit von Sinti -Familien, Kinder-, Jugend- und Integrationsarbeit in sozialen Brennpunkten, Schuldnerberatung, Psychisch- und Suchtkrankenbetreuung, Intensivbetreuung von Problemfamilien …), inzwischen zusätzlich langjährige Erfahrungen in der Klasseneltern- und Elternratsarbeit in verschiedenen Schulformen (Vor-, Grund-, integrierte Haupt- und Realschule, Gymnasium). 
 
Appell:
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