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Behörde: Klassenfahrten für Lehrer und Schüler Pflicht

Die Hamburger Bildungsbehörde will Lehrer in Zukunft zu Klassenfahrten zwingen: In einer Richtlinie, die die Behörde jetzt fertig gestellt hat, wird die Teilnahme an Klassenfahrten als Dienstpflicht für die Pädagogen festgelegt. Im Klartext: Wenn Schule und Eltern eine Klassenreise verlangen, muss nach der neuen "Schulfahrtrichtlinie" der Lehrer künftig daran teilnehmen. "Wir setzen damit um, was ein Oberverwaltungsgerichtsurteil bestätigt hat", bestätigt Alexander Luckow, Sprecher der Hamburger Behörde für Bildung und Sport. Nachdem vor zwei Jahren das Lehrer-Arbeitszeitmodell eingeführt worden war, hatten sich viele Lehrer wegen des Mehraufwands geweigert, eine Klassenreise anzutreten. Viele Reisen wurden abgesagt.

Am 20. April soll die Richtlinie in der Deputation der Bildungsbehörde beschlossen werden und schon zum kommenden Schuljahr in Kraft treten. Eine weitere Neuerung der Richtlinie: Die Aufwandsentschädigung, die Lehrer für einen Tag auf einer Klassenfahrt erhalten, soll von 13 Euro auf künftig 26 Euro verdoppelt werden.

Auch für Schüler wird die Teilnahme an Klassenfahrten mit der Richtlinie verbindlich. "So war es bisher auch", führt Behördensprecher Alexander Luckow aus. "Nur stand es in der alten Schulfahrtrichtlinie nicht so ausführlich drin. Deshalb kann diese Ausführung vor allem als Signal an die Eltern gewertet werden. "Die Teilnahme an einer Klassenreise gehört zur Schulpflicht", so Luckow. "Eine Ausnahme muss wirklich begründet werden. Die Schulleitung ist in dem Fall gehalten, nachzufragen und klarzustellen, was los ist."

Die Elternkammer begrüßt den Vorstoß: "Die Richtlinie sieht gut aus", so Holger Gisch, Vorsitzender der Hamburger Elternkammer. "Sie hätte aber ruhig zwei Jahre früher kommen können. Dann wären keine Klassenfahrten ausgefallen." Die Elternkammer berät heute noch einmal über die Richtlinie und hat eine offizielle Stellungnahme angekündigt. In der neuen Schulfahrtrichtlinie sind insgesamt vier große Klassenfahrten für Schüler vorgesehen: eine in der Grundschule bis zur vierten Klasse, eine in der Beobachtungsstufe (fünfte und sechste Klasse), eine zwischen den Klassenstufen sieben und zehn sowie eine weitere in der Oberstufe. hsm

Hamburger Abendblatt, 12. April 2005 Seite 13

 

Thema: Behörde verpflichtet Lehrer zu Klassenfahrten

Anmoderationsvorschlag

Hamburgs Lehrer sollen künftig verpflichtet werden, auch Klassenreisen und Ausflüge zu unternehmen. Eine entsprechende Richtlinie hat die Bildungsbehörde jetzt der Schuldeputation vorgelegt. Seit Einführung des umstrittenen Arbeitszeitmodells hatten sich die Lehrer an vielen Hamburger Schulen geweigert, weiterhin auf Klassenreise zu gehen. Alexander Heinz mit Informationen.


Beitrag:

Klassenreisen werden in der neuen Richtlinie als Dienstaufgabe definiert. Nach den Worten von Bildungsbehördensprecher Alexander Luckow können künftig Lehrerinnen und Lehrer Klassenreisen nicht mehr mit der Begründung verweigern, dass diese nicht zu ihren Aufgaben gehören. Nach dem jahrelangen Boykott durch Teile der Lehrerschaft hofft die Behörde, dass nun wieder mehr Klassenreisen geplant werden. Wohl auch deshalb soll die Regelung nach Befassung der Deputation schon am 1. Mai in Kraft treten. Mit der Neuregelung ist auch die Erstattung der Reisekosten für Lehrer verbunden. Eine stärkere Verpflichtung zur Klassenreise definiert die Richtlinie auch für Schüler. Damit reagiert die Behörde auch auf Konflikte mit muslimischen Elternhäusern, die beispielsweise Einwände haben, dass ihre Töchter mit auf Klassenreise gehen.

Holger Gisch von der Elternkammer begrüßt die Neuregelung im Grundsatz, allerdings komme sie zu spät. Außerdem bestehe die Gefahr, dass die Höchstsätze teilweise zu knapp bemessen seien.

Beispiel Grundschule: Hier sollen die Kosten für alle Klassenfahrten und Ausflüge in vier Jahren pro Kind 200 Euro nicht übersteigen.

Die GEW-Vorsitzende Stephanie Odenwald befürwortet die Erstattung der Reisekosten für Lehrer. Allerdings fehle eine gerechte Anrechnung des Aufwands bei der Lehrarbeitszeit.

NDR 90,3
Aktuell
Alexander Heinz
Datum: 11.04.2005
Sendung: 12.04.2005, 8.00 Uhr

 

 

Deutschland gewöhnt sich Kinder ab
Geburtenrate: Zu wenig Kinder, überkommenes Rollendenken - die Bundesrepublik ist kinderunfreundlich und rückständig.

Von Günther Hörbst

Hamburg – Deutschland hat ein Problem mit Kindern. Es kommen in unserem Land viel zu wenige zu Welt. Der Staat schafft es trotz Milliardenaufwands nicht, nötige Rahmenbedingungen für die sorglose Familienplanung zu schaffen. Und zu alledem steckt den Deutschen offenbar auch noch mehrheitlich das alte Rollendenken vom arbeitenden Mann und der Mutter am Herd im Kopf.

"Deutschland ist ein kinderentwöhntes Land geworden", sagt Nienke van Olst vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Migration dem Abendblatt. Die Belege für dieses Urteil sind in einer aktuellen Studie ("Emanzipation oder Kindergeld?") des Berliner Instituts nachzulesen, die die Situation für Familien in 17 europäischen Ländern verglichen hat. Das Ergebnis für Deutschland ist erschütternd: Letzter Platz bei der Kinderfreundlichkeit.

In der Bundesrepublik ist die Kinderlosigkeit am weitesten verbreitet. 22 Prozent der Frauen des Jahrgangs 1955 haben keine Kinder. 33 Prozent der heute gebärfähigen Frauen wollen keine bekommen. In keinem Land gibt es so wenige Großfamilien, in keinem so viele mit nur einem Kind. Und in keinem der Länder gibt es so wenige Geburten von unehelichen Paaren. "In diesem Vergleich muss Deutschland nicht nur als kinderunfreundlich, sondern auch als rückständig und unmodern bezeichnet werden", sagt van Olst.

Dass es Deutschland trotz eines hohen finanziellen Aufwands (siehe Kasten) nicht schafft, die Geburtenrate zu erhöhen, hat aber weniger finanzielle als vielmehr gesellschaftliche Gründe.

So behindern die langen Ausbildungszeiten die Familienplanung. "Oft treten Frauen erst mit Ende 20 in den Beruf ein", sagt van Olst. "Da ist dann kaum noch Zeit fürs Kinderkriegen." Renate Köcher, Geschäftsführerin des Instituts für Demoskopie Allensbach, nennt dies das "Zeitfenster-Problem". "Das Durchschnittsalter bei der Geburt des ersten Kindes beträgt hierzulande 29 Jahre", sagte sie dem Abendblatt. "Ab Mitte 30 geht der Kinderwunsch aber deutlich zurück." Dazu komme bei vielen vor allem Hochqualifizierten das "Drei-Phasen-Denken": erst Ausbildung, dann Beruf, dann - wenn die Zeit noch reicht - Kind. "Die beiden Entwicklungen bestärken sich gegenseitig", sagt Köcher. "Deshalb dürfte der Rückgang der Geburten weiter andauern." Van Olst bemängelt zudem ein "sehr traditionelles Rollenverständnis" von Männern und Frauen in Deutschland: Der Vater verdient das Geld, die Mutter bleibt beim Kind und steigt komplett aus dem Beruf aus. "Das ist ein Teufelskreis", so van Olst. "Denn die meisten machen das, weil es zu wenig Betreuungsmöglichkeiten für unter Dreijährige gibt. Die gibt es aber vor allem deshalb nicht, weil der Staat sagen kann: Es gibt doch keine Nachfrage dafür."

Dieses Rollenverständnis fördere der Staat aber auch noch durch seine Steuerpolitik. "In keinem anderen Land", sagt van Olst, "wird das Modell ,allein verdienender Vater und erwerbslose Frau' so stark steuerbegünstigt wie in Deutschland."
Hamburger Abendblatt, Politik, 19.04.2005, Seite 4
 

Besonders viel Geld für besonders wenig Nachwuchs

Nimmt man die Geburtenrate als Messzahl für die Familienfreundlichkeit Deutschlands, dann sieht es schlecht aus. Mit 1,3 Kindern pro Frau trägt das Land die rote Laterne. In den letzten 40 Jahren hat sich die Zahl der Neugeborenen von 1,4 Millionen auf rund 700 000 halbiert. Beim Geld allerdings ist die Bundesrepublik ganz vorne dabei. Kaum ein Land der Welt spendiert den Familien so viel.

Allein der Bund gibt nach Angaben des Familienministeriums pro Jahr 59,3 Milliarden Euro für Familienförderung aus. Der größte Batzen dabei: Kindergeld mit 34,5 Milliarden Euro. Dazu kommen Leistungen für Kinderbetreuung (160 Millionen), Kinderfreibeträge (1,5 Milliarden), Kinderanteil an der Eigenheimzulage (3,6 Milliarden), Ausbildungsfreibeträge (189 Millionen), Haushaltsfreibeträge (290 Millionen), Unterhaltsfreibetrag für die Unterstützung naher Angehöriger (598 Millionen), Pflegepauschbetrag (72 Millionen), Aufwendungen für Haushaltshilfen (107 Millionen), Unterhaltsleistungen nach Scheidung (420 Millionen).

Wissenschaftler gehen jedoch von jährlich noch viel höheren Summen aus, da sie weitere Subventionen und Sonderleistungen einrechnen, die indirekt auch als Familienförderung zu betrachten sind. Das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln (IW) nannte eine Summe von 168 Milliarden Euro, die Bund, Länder und Gemeinden jährlich ausgeben. Dazu zählen auch etwa das BAföG. Eine genaue Zahl gibt es nicht. Die Schätzungen schwanken stark. Die Regierung nennt offiziell nur die Bundes-Zahl.

Nimmt man nur das Kindergeld als Vergleich, dann gibt es nirgendwo in Europa mehr Geldleistung für Familien als in Deutschland: Für eine Familie mit zwei Kindern 308 Euro pro Monat. Platz zwei belegt Dänemark mit 267 Euro. 48,50 Euro bekommen die Spanier – dort ist die Geburtenrate mit 1,3 Kindern aber so niedrig wie hier. hö
Hamburger Abendblatt, Politik, 19.04.2005, Seite 4
 

Schulleiter fordern Verschiebung der Schulbuchgebühren

Nach dem Landesschulbeirat und der Elternkammer hat jetzt auch der Verband Hamburger Schulleitungen gefordert, die Reform der Lernmittelbeschaffung in der Hansestadt um ein Jahr zu verschieben. Nach Ansicht der Schulleiter sind die von der Bildungsbehörde angesetzten Höchstsätze für die Ausleihe von Schulbüchern viel zu niedrig kalkuliert. Alexander Heinz mit Informationen.

Beitrag:
Höchstens 80 Euro sollen die Eltern nach der geplanten Verordnung für die Schulbücher eines Kindes in der 5. Klasse des Gymnasiums zahlen, inklusive aller Kosten für Arbeitsmaterialien. Nach der Kalkulation der Bildungsbehörde reicht das Geld aus. Doch die Rechnung ist nach Aussage der Hamburger Schulleiter falsch. Erstens würden nicht die Marktpreise der Bücher zugrunde gelegt, die die Behörde zum Kauf empfiehlt. Außerdem rechne die Behörde bei jenen Schulbüchern falsch, die mehrere Jahre von einem Schüler genutzt werden. Ein Chemiebuch, das drei Jahre in Gebrauch ist, soll nach den Zahlen der Behörde an drei Schüler verliehen werden. Die Folge: Am Ende müssten die Eltern noch Leihgebühr für Bücher zahlen, die neun Jahre alt sind. Werden die Bücher aber kürzer genutzt, dann müssen die Gebühren höher ausfallen. Dies führt in den Musterrechnungen des Schulleiterverbandes zu höheren Kosten für die Eltern. Statt 80 Euro wären inklusive aller Arbeitsmaterialien in der 5. Klasse über 100 Euro fällig. In der achten Klasse ist die Differenz noch höher. Wegen der vielen Arbeitsmaterialien haben die Schulleiter hier Unkosten von über 180 Euro errechnet. Selbst für die Grundschule reichen die Höchstbeträge nach Aussage der Schulleiter nicht aus. Sie fordern einen Stopp der Reform.
Alexander Heinz, NDR 90,3, 22.04.05
 

Elternwille nicht mehr gefragt: Die ursprünglich erforderliche Zustimmung des Elternrats zur Einzel- und Pauschalausleihe entfällt. Wenn mehr als 45% der Eltern die Schulbücher ausleihen wollen, werde es „finanziell eng“. In Niedersachsen, wo ein ähnliches Modell wie in Hamburg schon praktiziert wird, nutzen allerdings nicht 45, sondern 80% der Eltern die Ausleihemöglichkeit.
Bürgerschaft beschließt Ende der Lernmittelfreiheit: Eltern werden nach einem Modell finanziell an der Lernmittelbeschaffung beteiligt.
Hamburger Abendblatt, 26.04.05, Seite 12 und 28.04.05, Seite 14
 

Schulschließungen

Wegen niedriger Anmeldezahlen plant die Bildungsbehörde nur wenige Wochen nach Verabschiedung des Schulentwicklungsplans weitere Schulschließungen. Diese Schulen sind betroffen:

  • Haupt- und Realschule Iserbarg: keine 5. und keine 7. HR-Klasse
  • Haupt- und Realschule Altonaer Straße: keine 7. HR-Klasse
  • Haupt und Realschule Röthmoorweg: keine 5. und keine 7. HR-Klasse
  • Haupt- und Realschule Poppenbüttler Stieg: keine 5. HR-Klasse
  • Haupt- und Realschule Redder: keine 5. und keine 7. HR-Klasse
  • Grundschule Sonnenweg: keine 1. Klasse
  • Realschule Fährstraße: keine 7. Klasse
  • Haupt- und Realschule Curslack-Neuengamme: keine 5. HR-Klasse
  • Haupt- und Realschule Ernst-Henning-Straße: keine 5. HR-Klasse
  • Gesamtschule Steilshoop: keine 5. Klasse
Die endgültige Entscheidung soll aufgrund der Anmeldezahlen im kommenden Jahr erfolgen.
Anmelderunde 2005
95 Prozent der Elternwünsche konnten erfüllt werden. 660 Erstklässler werden jedoch nicht auf die von ihren Eltern gewünschte Schule kommen. Dies ist das Ergebnis der Anmelderunde 2005 nach dem neuen Verfahren über so genannte Anmeldeverbünde. Insgesamt wurden rund 13.200 Erstklässler auf 494 Klassen verteilt. Die Klassengröße liegt im Regelfall bei 27 Schülern.
Newsletter Schule der SPD-Fraktion vom 22.04.05
 

Schulzwang

Bürgerschaft beschließt "Schulzwang": Damit können sich Behörden-Mitabreiter nun notfalls auch unter Anwendung polizeilicher Gewalt Zugang zu Wohnungen verschaffen, wenn Eltern ihre Kinder nicht zur Schule schicken. Eigentlich geht es (nach dem Fall Jessica) aber doch eher darum, den Informationsfluss der Behörden besser miteinander abzustimmen.
Hamburger Abendblatt, 28.04.05, Seite 14
 

Volksinitiative "Rettet den Volksentscheid" erfolgreich

Die Volksinitiative "Rettet den Volksentscheid" hat der erforderliche Anzahl von mindestens 10.000 Unterschriften gesammelt. Bis zum 1.9. hat die Bürgerschaft nun Zeit zu prüfen, ob sie die Anliegen der Initiative übernimmt. Falls nicht, folgt im Herbst in der zweiten Stufe ein Volksbegehren. Die Bürgerschaft hat allerdings mit ihrem Beschluss vom 27.4.05 schon insoweit Klarheit geschaffen, als sie nämlich genau jene Änderungen beschlossen hat, gegen die sich die Initiative richtet.
Hamburger Abendblatt, 28.04.05, Seite 14
 

 

 

 

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