Sitzenbleiben: Informationen von www.gesamtschule-hamburg.de

Ohne "Sitzenbleiben" durch die Schule?

Das Hamburger Abendblatt griff vor einiger Zeit ein Thema auf, das nicht nur in den Medien zu häufig verdrängt wird. Unter dem Titel "Muss ich die Klasse wiederholen" (HA v. 19.7.2000) warf die Tageszeitung ein Schlaglicht auf eine dunkle Seite des Schulalltags: "Eltern beklagen den Leidensweg ihrer Kinder in Hamburger Gymnasien." Die Hamburger Morgenpost berichtet am 7.2.2001, dass die Sitzenbleiberquote in Hamburg auf Grund relativ vielen Gesamtschulen und vielen durch rot-grün eingeleiteten Fördemaßnahmen weit unter dem Bundesdurchschnitt liegt. 

Depressionen, Lernblockaden und Versagensängste sind nur einige Beispiele für das tägliche Leiden vieler Hamburger Kinder. Das Problem ist alt, jedem bekannt und häufig diskutiert. Dennoch – geändert hat sich in den letzten Jahren wenig! Viele Kinder sind in der Schulform, die sie besuchen, sei es das Gymnasium, die Realschule oder die Hauptschule, täglich überfordert und frustriert. Sie geben sich Mühe, werden außerschulisch gestützt, z.B. durch Elternunterstützung und Nachhilfe, haben kaum noch Zeit zum Spielen und es fehlt ihnen trotzdem der Erfolg in der Schule. Die Folgen sind fatal:

Deprimierte, frustrierte Kinder müssen die Schule wechseln, sich in neuen Gebäuden, mit neuen Lehrerinnen und Lehrern, mit neuen Mitschülerinnen und -Schülern und mit der Schmach abfinden, als Versager abgestempelt zu sein. Wohl dem, der da ein dickes Fell hat und in der neuen Schule schnell Tritt fassen kann. Es gibt Zeiten in Hamburg, da wandern ganze Heerscharen von den sogenannten "Schulformwechslern" durch die "Hamburger Schullandschaft", um Schulen zu finden, die sie in Zukunft aufnehmen können. Sie müssen weite Wege und Absagen hinnehmen, bis sie vielleicht irgendwo in einer noch nicht so vollen Realschulklasse einen Platz finden. Mit viel Glück finden sie Platz in Rückläufer-Auffangklassen, die an manchen Realschulen bereits eingerichtet werden. Also keine Einzelfälle – sondern in Hamburg durchaus die Regel.

Natürlich wird schnell die Schuldfrage gestellt, wenn dann ein Kind an seine Grenzen stößt und die Schule wechseln muss. Waren es die ehrgeizigen Eltern, die trotz aller Warnungen nur "das Beste" für ihr Kind wollten? War es das Kind vielleicht selbst, das sich entgegen den Ratschlägen der Eltern nicht von den Freunden bzw. Freundinnen trennen konnte? Oder wurden Kind und Eltern durch die Grundschule falsch beraten? Es ist sicher von allem ein wenig dabei – wenn auch nicht immer gleichzeitig. Sicher ist jedenfalls, dass ein großer Teil (bis zu 80% an einigen Gymnasien) der nicht für das Gymnasium empfohlenen Schülerinnen und Schüler diese Schulform bereits vor dem Erreichen der 10.Klasse wieder verlassen muss.

Sicher ist auch, dass die "Grundschulempfehlungen" zum Übergang auf die weiterführenden Schulen am Ende von Klasse 4 nicht so verlässlich sind, dass sich die Eltern wirklich darauf verlassen könnten. Hier sollte man ansetzen, um durch Fortbildung der betroffenen Lehrerinnen und Lehrer und durch gute Beratung der Eltern, manchen "Leidensweg" zu verhindern. Hamburgs neue Schulsenatorin, Frau Ute Pape, wird sich nach eigenen Angaben mit genau diesem Problem zukünftig intensiv befassen. Bei allen Problemlösungsmöglichkeiten wird allerdings die Elternentscheidung am Ende der 4.Klasse auch längerfristig zu respektieren sein. Was also tun?

Eine wirklich gute Lösung, die alle Entscheidungen bis zur 10.Klasse hinauszögert, die ohne "Sitzenbleiben" auskommt und die dann auch noch bis zum Schluss wirklich offen lässt, welchen Bildungsabschluss man erreichen kann, müsste gefunden werden, damit in Zukunft kein Kind mehr unter Fehlentscheidungen zu leiden hat. Sie glauben, das sei unmöglich? Falsch – es gibt sie bereits! Die integrierte Gesamtschule, von denen es in Hamburg 39 gibt, bietet Kindern und ihren Eltern genau diese Lösung an. Einzige Bedingung, man muss in Klasse 5 anfangen und die Eltern müssen das Vertrauen aufbringen, dass eine integrierte Schulform den Kindern oft mehr Zeit und Raum lässt, um ihre Abschlüsse zu erreichen.

Eine Medizin muss eben nicht immer bitter schmecken, um zu helfen!

Quelle: http://www.gesamtschule-hamburg.de/Sitzenbleiben.htm

 

 

 

Wiederholer

Nachfolgende Statistik zeigt: Hamburg steht im Vergleich zu anderen Bundesländern gut da (2000). Nach unserer Auffassung reicht das aber nicht. Das Wiederholen von Klassenstufen verletzt die Kinderseele und ist ökonomisch Unsinn. PISA hat gezeigt, dass Leistung auch ohne Sitzenbleiben erreicht werden kann.

 

Bundesland

Insgesamt

G

Beo HR

H

R

IHR

Gy.Sek.I

Gy.Sek.II

Baden-Würtemberg

2,3

1,8

2,1

2,4

3,3

0,0

2,3

2,5

Bayern

4,0

1,2

2,9

4,0

11,1

0,0

5,2

3,4

Berlin

3,0

1,6

1,3

8,7

6,6

0,0

3,0

4,7

Brandenburg

1,4

1,5

1,0

0,0

3,2

0,0

0,8

1,2

Bremen

5,4

3,9

1,5

6,4

13,3

0,0

6,6

7,6

Hamburg

2,6

1,8

2,2

4,8

4,9

2,4

2,6

3,6

Sachsen

2,4

1,8

0,0

0,0

0,0

2,9

1,0

4,9

Sachsen-Anhalt

3,8

3,0

4,7

5,6

4,1

7,1

1,3

2,2

Schleswig-Holstein

3,6

2,2

4,7

5,8

5,9

0,0

3,2

3,1

Thüringen

3,1

2,9

0,0

0,0

0,0

4,4

0,7

3,9

Bundesgebiet

3,2

1,9

2,6

4,6

6,0

3,9

3,2

3,2

Anmerkung: - ohne Vorschulklassen, ohne integrierte Gesamtschulen, ohne Abendschulen, ohne Waldorfschulen

Quelle: http://www.gesamtschule-hamburg.de/wiederholer.htm

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