PRESSESPIEGEL
Thema:
Volksbegehren „Eine Schule für alle“
„Schulfrieden“ mit diesem Wort hat Bürgermeister Ole von Beust die Reform
der schwarz-grünen Koalition begründet, eine sechsjährige Grundschule, die
sogenannte Primarschule in Hamburg aufzubauen. Doch von Schulfrieden ist
noch keine Spur. Zwei Initiativen wollen nämlich ihre schulpolitischen
Vorstellungen mit Hilfe der Volksgesetzgebung durchsetzen. Die eine
Initiative kämpft für den Erhalt des Gymnasiums. Die andere will diese
Schulform abschaffen: Die Initiative „Eine Schule für alle“ startete
gestern ihr Volksbegehren. Von heute an bis zum neunten Oktober muss die
Initiative über 61.000 Unterschriften sammeln, damit das Volksbegehren
zustande kommt. Alexander Heinz war bei der Auftaktveranstaltung dabei.
Atmo: Leute / Musik
Überall prangt das Logo mit der Eins in der Mitte: Auf Luftballons. Auf
Plakaten. Die Eins steht für „Eine Schule für alle“ und zehn Jahre
gemeinsam lernen. Elternrätin Meike Busche zählt zu den 150 Besuchern der
Auftaktveranstaltung in der Ida-Ehre-Gesamtschule. Sie kam durch die
schwierige Schullaufbahn ihrer Söhne dazu, das klassische dreigliedrige
Schulsystem zu hinterfragen:
O-TON Meike Busche:
„Beide meine Söhne haben erst Realschule gemacht, dann den Sprung auf
das
Gymnasium, dann wieder zurück auf die Realschule und der zweite hat es
jetzt geschafft, mit ganz viel Mühe und Anstrengung auf das
Wirtschaftsgymnasium zu kommen. Nach sehr viel Misserfolgen auf der Haupt-
und Realschule. Das möchte ich anderen auf jeden Fall ersparen“.
Eine Eins für „Eine Schule für alle“ ist auch auf der Urne im
Eingangsbereich abgebildet. Die Harburger Sozialdemokratin Sabine
Boeddinghaus erklärt ihren Sinn:
O-TON Boeddinghaus:
„Die Leute sollen Schätzungen abgeben, wie viele Stimmen wir in den drei
Wochen sammeln. Das werden wir auswerten und dann einen ersten Preis
vergeben. Eine große Sektbuddel“
Doch bevor sie mit Sekt anstoßen kann, liegt jede Menge Arbeit vor der
Volksinitiative: In den kommenden drei Wochen muss sie 61.000
Unterschriften sammeln. Ganz schön viel findet, doch es ist zu
schaffen,
meint der GEW-Chef Klaus Bullan:
O-TON Bullan
„Wir haben mindestens 1000 Personen, die sich bereit erklärt haben, auf
die eine oder andere Weise mit beim Unterschriftensammeln zu helfen. Sei
es dass sie sich an einen Stand stellen. Sei es, dass sie in ihrem
Bekannten und Freundeskreis oder auf der Straße sammeln“.
Atmo: Unruhe/Rufe: „Wollen Sie bitte aufhören hier zu stören“
Während der Veranstaltung zum Auftakt des Volksbegehrens kommt plötzlich
Unruhe auf, als eine Handvoll von Aktivisten der Jungen Union für einen
kurzen Augenblick die Bühne besetzt. Unter den Unruhestiftern auch der
JU-Vorsitzende Mitte, Nikolaus Haufler, der Proteste für die Zeit
ankündigte, in der für das Volksbegehren gesammelt wird.
O-TON Haufler:
„Wir wollen in dieser Zeit überall auf die Gefahren der Einheitsschule
hinweisen. Wir wollen die Hamburger davon abhalten, auf dieses Lockangebot
hereinzufallen. Und wir möchten, dass bekannt wird, dass die
Einheitsschule nicht der richtige Weg ist für Hamburg“.
Den richtigen Weg für Hamburg, den sehen die Unterstützer des
Volksbegehrens in der zehnjährigen Gemeinschaftsschule. Nach dem
Volksbegehren wollen sie einen Volksentscheid, bei dem alle Hamburger über
das künftige Schulwesen abstimmen können. Schüler Daniel aus der 13.
Klasse des Heisenberg-Gymnasiums in Harburg glaubt fest an den Erfolg:
O-TON Daniel:
„Ich bin eine gesunder Optimist. Ich glaube, dass man das hinkriegt, wenn
man da viel Energie reinsteckt. Man sieht hier viele motivierte Menschen,
die bereit sind dafür zu sammeln. Und dann denke ich, dass man hinkriegt
mit den 61.000 Unterschriften“.
Alexander Heinz, Magazin, NDR 90,3, 20140 Hamburg, 19.9.08 11.40 Uhr
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taz,
19.9.08
Schlammschlacht mit
Zahlen
Volksinitiative
Pro-Gymnasien nutzt Daten einer SPD-Anfrage, um Gesamtschulen anzugreifen.
Diese produzierten angeblich mehr Schulversager als das gegliederte System.
Das Gegenteil ist der Fall
VON KAIJA KUTTER
Pünktlich zum Start des
Volksbegehrens "eine Schule für alle" legt Walter Scheuerl, der
Sprecher der Volksinitiative "Wir wollen lernen" eine härtere
Gangart ein. "Die meisten Schüler ohne Hauptschulabschluss kommen von
den Gesamtschulen", betitelt er eine Pressemitteilung. Es sei
erschütternd, dass die Volksinitive die Gesamtschule als "Zwangsmodell
für alle Hamburger Kinder" einführen wolle.
Scheuerl, der für den
Erhalt der Gymnasien ab Klasse 5 kämpft, zitierte Zahlen aus einer Anfrage
des SPD-Politikers Thies Rabe, in der die Absolventenzahlen des Jahres 2007
nach Schulen sortiert aufgeführt werden. Dabei ließ er es sich nicht nehmen,
zu erwähnen, dass an der Max-Brauer-Schule in Altona 6,7 Prozent der Schüler
keinen Abschluss habe - also die Schule, wo "der Ehemann von
Schulsenatorin Christa Goetsch unterrichtet". An den herkömmlichen
Haupt- und Realschulen (HR) und Gymnasien seien es hingegen "nur 5,1
Prozent der Schüler, die keinen Schulabschluss schaffen".
Den Lesern der
einschlägigen Schulstudien ist auf Anhieb klar, dass ein solches Zahlenspiel
hinkt. Denn so unschön es ist, dass auch an Gesamtschulen Schüler ohne
Abschluss die Schule verlassen, so ist doch die Ausgangslage der Kinder zu
berücksichtigen. Die Gymnasien, die fast alle Schüler mit Gymnasialempfehlung
absahnen, haben so gut wie keine Risikoschüler. Die Gesamtschulen dagegen,
nach den Gymnasien die am zweithäufigsten gewählte Schulform, haben in
manchen Stadtteilen sogar mehr Risikoschüler als benachbarte Hauptschulen.
Rechnet man also die
Gymnasien wieder raus, ergibt sich ein anderes Bild: Mit 19,6 Prozent
entlässt die Hauptschule die meisten Kinder ohne Abschluss, an den
Gesamtschulen sind es im Schnitt 7,9 Prozent.
Auch die Zahl der
herausgepickten Max-Brauer-Schule ist unkorrekt. Nicht neun, sondern acht
Schüler der 9. und 10. Klassen verließen 2007 die Schule ohne Abschluss. Das
sind bei 135 Schülern 5,9 Prozent. "Es ist eine Zahl, mit der Politik
gemacht wird", sagt der Abteilungsleiter der 8. bis 10. Klassen, Wolf
Lüders. "Man müsste aber die einzelnen Fälle anschauen". Es gebe
Gründe wie Krankheit oder auffälliges Sozialverhalten, die dazu führten, dass
der Beratungsdienst nicht mehr in der Lage sei, so wie nötig zu betreuen.
Genau genommen sind auch
die 5,9 Prozent nicht richtig, führt doch die Schulstatistik jene
Gesamtschüler, die nach Klasse 10 in die Oberstufe wechseln, nicht als
Abgänger auf, dafür aber die Abiturienten des vorvorletzten 10. Jahrgangs.
"Diese Zahlen
müssen zu Missverständnissen führen", kritisiert Jürgen Riekmann von der
Gesamtschulgesellschaft GGG. Aussagen über Abgängerzahlen ließen sich nur
über ganze Schülerjahrgänge treffen.
"Wir sind uns
einig, dass die Zahl der Schüler ohne Abschluss zu hoch ist", sagt auch
Claus Metzner von der Arbeitsgemeinschaft der Gesamtschulelternräte (ARGE).
"Aber wenn schon, muss man ehrliche Zahlen nennen". Scheuerl nutze
das Thema nur, um der Senatorin "eine rein zu würgen".
http://www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/?ressort=ha&dig=2008%2F09%2F19%2Fa0025&cHash=2df35d36e7
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taz, 19.9.08
Aufklärung tut Not
Der Risikoschüler
Der Vergleich der
Schüler ohne Abschluss ist nicht Scheuerls erste und einzige Zahlenkreation.
Erst kürzlich rechnete er vor, dass laut Pisa-Test Hamburgs Gymnasiasten
schlauer sind als die finnischen Schüler. Dabei ließ er außer Acht, dass er
hier die Gesamtheit der finnischen Kinder mit einer Teilgruppe der Hamburger
Schüler, den ausgelesenen Gymnasiaten, verglich.
KOMMENTAR VON KAIJA KUTTER
Jetzt rechnet der Rechtsanwalt aus den Elbvororten auch noch vor, dass an
Haupt-, Realschulen und Gymnasien zusammen im Durchschnitt 45,9 Prozent der
Kinder Abitur machen, was eine höhere Quote als die der Gesamtschulen sei.
Auch die Rechnung ist schief, weil natürlich kein einziges Kind an den Haupt-
und Realschulen Abitur macht. Und weil an den Gesamtschulen Kinder Abitur
ablegen, die ohne Empfehlung kamen und es dank dieser Schulform doch
geschafft haben.
Klingt kompliziert? Das ist ja das Problem. Man braucht mindestens fünf
Sätze, um die Sachverhalte zu klären. Die Gymnasiumsinitiative setzt Dinge in
die Welt und es bleibt was hängen.
Dabei ist es richtig, diese Zahlen zu diskutieren. Es gehört zur Demokratie,
dass auch Laien mitreden und dabei Fehler machen. Nur ist dadurch für die
Vertreter der Initiative "Schule für alle", die ab heute ihren
Unterschriften sammeln, viel Aufklärungsarbeit nötig.
http://www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/?ressort=ha&dig=2008%2F09%2F19%2Fa0027&cHash=18175535ff
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Welt, 19. September
2008, 02:52 Uhr
Grüne Jugend
unterstützt Initiative für Einheitsschule
Unmittelbar
vor dem Start des Volksbegehrens über die Einführung einer
Gemeinschaftsschule in Hamburg hat der Jugendverband der Grünen, die Grüne
Jugend, seine Unterstützung signalisiert. "Nur durch gemeinsames Lernen
haben alle Kinder und Jugendlichen unabhängig von ihrer sozialen Herkunft die
gleichen Möglichkeiten, einen guten Schulabschluss zu erreichen", sagte
die Hamburger Landesvorsitzende Jennifer Broocks am Donnerstag. "Der
Kompromiss der schwarz-grünen Koalition in Hamburg kann nur ein erster Schritt
zu einem gerechten Bildungssystem sein."
Die maßgeblich von
linken politischen Kräften unterstützte Initiative Eine Schule für alle
sammelt von heute an bis zum 9. Oktober Unterschriften für die Abschaffung
des gegenwärtigen Schulsystems. Ziel ist es, dass alle Kinder -
leistungsstarke wie leistungsschwache - von der ersten bis zur zehnten Klasse
in einem Klassenverband lernen. Bislang besuchen die Kinder vier Jahre die
Grundschule und wechseln dann auf eine weiterführende Schule. Das kann das
Gymnasium oder eine Realschule sein. Die Hauptschulen wurden mit Beginn
dieses Schuljahres abgeschafft. Für einen Erfolg des Volksbegehrens sind rund
60 000 gültige Unterschriften wahlberechtigter Hamburger notwendig.
Die GAL-Schulsenatorin
Christa Goetsch hatte ursprünglich, damals noch als Oppositionspolitikerin,
zu den Mitbegründern der Initiative gezählt. Als Mitglied der schwarz-grünen
Regierung ist sie jedoch an die Senatslinie gebunden. Die Koalition plant,
zum Jahr 2010 die Primarschule einzuführen und damit die Zeit der Grundschule
von vier auf sechs Jahre zu verlängern. Der Linke-Bundestagsabgeordnete
Norman Paech warf dem Senat vor, damit die Selektion unter den Schülern zu
verschärfen. os
os
http://www.welt.de/welt_print/article2465964/Gruene-Jugend-unterstuetzt-Initiative-fuer-Einheitsschule.html
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Mopo, 19.9.08
RATGEBER SCHULE
Wenn Jungen von Frauen
erzogen werden
Jungen haben nur noch
einen kleinen Vorteil am Beginn der Klasse 5 der Gymnasien, weil es immer
noch Eltern gibt, die der Meinung sind, für ein Mädchen würde auch ein
Realschulabschluss reichen. Bis zum Abitur wächst jedoch der Anteil der
Mädchen, sodass bereits 56 Prozent der deutschen Abiturienten Mädchen sind
und nur noch 44 Prozent Jungen. Zwei Drittel der deutschen Sitzenbleiber und
Rückläufer sind Jungen. Von den zehn Prozent eines Schülerjahrgangs, die es
nicht einmal bis zum Hauptschulabschluss schaffen, sind 72 Prozent Jungen.
Die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Ute Erdsiek-Rave will deshalb
den Männeranteil im Erzieher- und Lehrerberuf deutlich erhöhen. Vor 50 Jahren
waren noch 50 Prozent aller deutschen Lehrkräfte Männer, heute sind es gerade
mal noch 14 Prozent. Immer mehr kleine Jungen in Deutschland wachsen nur mit
einer Mama auf, haben dann eine Erzieherin im Kindergarten und danach drei
Klassenlehrerinnen. Selbst wenn diese Frauen es optimal machen, nützt das den
Jungen alles nicht. Auf dem Weg zu ihrer Geschlechtsrolle suchen sie sich
dann männliche Vorbilder: auf dem Bildschirm oder in der Jugendbande.
Jungen ticken eben anders als Mädchen. Mädchen sind schon mit fünf Jahren im
Kommunikativen, im Emotionalen und im Sozialen weiter entwickelt. Sie sind
disziplinierter und können sich besser selbst organisieren. Jungen hingegen
legen Wert auf Wettbewerb, auf Kampf, auf Handeln und auf Lernen über Umwege.
Nun will Ute Erdsiek-Rave aber nicht mehr wettbewerbsgeile Machos im
Lehrerberuf haben, sondern einfühlsame väterliche Lehrer, die mit ihren
Schülern über Gefühle sprechen und ihnen Respekt vor Mädchen und Frauen
beibringen.
Info:
Prof. Dr. Peter Struck, Autor des Buchs "Die 15 Gebote des Lernens"
("Primus Verlag") von der Fakultät für Erziehungswissenschaft
beantwortet Ihre Fragen. E-Mail: erziehung@mopo.de
Links:
erziehung@mopo.de
http://archiv.mopo.de/archiv/2008/20080919/hamburg/kolumnen/wenn_jungen_von_frauen_erzogen_werden.html
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HH-Heute.de, 18. September 2008
Grüne Jugend
unterstützt “Eine Schule für Alle”
Zur heutigen Auftaktveranstaltung der Initiative “Eine
Schule für alle” erklärt die Landesvorsitzende der GRÜNEN JUGEND Hamburg
(GJHH) Jennifer Broocks: “Wir unterstützen das Volksbegehren ‘Eine Schule für
alle’.” Ob Frau Goetsch dies freut, ist nicht bekannt.
“Nur durch gemeinsames Lernen haben alle Kinder und Jugendlichen unabhängig
von ihrer sozialen Herkunft die gleichen Möglichkeiten einen guten
Schulabschluss zu erreichen. Der Kompromiss der schwarz-grünen Koalition in
Hamburg kann nur ein erster Schritt zu einem gerechten Bildungssystem sein”,
führt Broocks fort.
Ansonsten hat die GJHH auf ihrer gestrigen Landesmitgliederversammlung einen
neuen Vorstand gewählt. Im Amt als Landesvorsitzende wurde die 19-jährige
Abiturientin Jennifer Broocks bestätigt. Neu in die Doppelspitze gewählt
wurde der Student Gregor Dutz (21). Er löst Daniel Völkoi ab, der sich nun
voll auf sein Abitur konzentrieren möchte. Neuer Pressesprecher ist der
22-jährige Student Felix Meschenmoser. Ergänzt wird der Vorstand durch die
wiedergewählte Abiturientin Diana Muarrawi (20) und den Studenten Fabian
Bremer (19) als Beisitzer.
http://www.hh-heute.de/gruene-jugend-unterstuetzt-eine-schule-fuer-alle/
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NDR, 19.9.08
Hamburg
Zusammen bis Klasse 10:
Schul-Volksbegehren startet
Die Initiative
"Eine Schule für alle" startet heute in Hamburg ihr Volksbegehren
zur Schulreform. Sie will erreichen, dass die Kinder nach skandinavischem
Modell gemeinsam bis zur 10. Klasse unterrichtet werden. Sitzenbleiben soll
abgeschafft werden, Klassenwiederholungen nur im Einvernehmen mit den Eltern
möglich sein. Nach der zehnten Klasse sollen sich an die Gemeinschaftsschule
die gymnasiale Oberstufe oder die berufliche Ausbildung anschließen. Die
schwarz-grüne Koalition hingegen will eine Primarschule einrichten, in der
alle Kinder die ersten sechs Jahre lang gemeinsam lernen. Das genügt der
Initiative nicht.
61.000 Unterschriften
benötigt
Um einen Volksentscheid
zu erzwingen, müssen die Initiatoren bis zum 9. Oktober rund 61.000 gültige
Unterschriften von wahlberechtigten Hamburgerinnen und Hamburgern sammeln.
Die erste Hürde hatten die Initiatoren bereits genommen: Sie legten mehr als
10.000 Unterschriften vor und schufen damit die Voraussetzung für das
Volksbegehren. Falls die Initiative auch die zweite Hürde überspringt, würde
im kommenden Jahr ein Volksentscheid über die Pläne folgen.
Stand:
19.09.2008 07:04
http://www.ndr903.de/aktuell/volksbegehren100.html
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Hamburg1, 18.09.2008
Initiative 'Eine
Schule für alle' startet Volksbegehren
Die Initiative
''Eine Schule für alle'' startet am Freitag, 19. September, in Hamburg ihr
Volksbegehren zur Schulreform. Sie will erreichen, dass die Kinder nach
skandinavischem Modell gemeinsam bis zur 10. Klasse unterrichtet werden. Um
einen Volksentscheid zu erzwingen, müssen sie bis zum 9. Oktober 61 000
gültige Unterschriften zusammenbringen. Die schwarz-grüne Koalition will
dagegen eine sechsjährige Primarschule einrichten und danach Stadtteilschulen
und Gymnasien anbieten. Unterstützer der Aktion ''Wir wollen lernen'' sammeln
ebenfalls Unterschriften für ein Volksbegehren. Sie sind für den Erhalt der
Gymnasien ab Klasse 5.
http://hamburg1.de/hh1/nachrichten_article.html?nachrichten/2008/09/18/1306100000
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Abendblatt, 19.9.08
"Schule für
alle": Volksbegehren startet heute
Die Volksinitiative
"Eine Schule für alle" geht in die nächste Runde: Ab heute fahren
die Initiatoren mit einem Bus durch die Stadt und sammeln Unterschriften für
das Volksbegehren gegen die von Schwarz-Grün geplante Schulreform. Erste
Station des Busses ist um 14.30 Uhr die Paul-Dessau-Straße 8 in Bahrenfeld.
In den kommenden drei Wochen wird das Gefährt auf Schulhöfen, Parkplätzen
oder Märkten stehen. Ziel der Aktion ist es, möglichst viele Unterschriften
zugunsten der Initiative zu sammeln. Nachdem die erste Stufe des
Volksentscheids durch das Einreichen von 15 550 Stimmen im Rathaus am 8. Mai bewältigt
worden war, muss nun auf dem Weg zum Volksentscheid ein Zwanzigstel der
Wahlberechtigten zustimmen. "Wir sind optimistisch, die erforderlichen
rund 61 000 Bürger bis 6. Oktober von unserem Schulkonzept überzeugen zu
können", sagte Sabine Boeddinghaus, Sprecherin der Initiative.
"Eine Schule für alle" steht für ein Schulkonzept, das über die
Pläne von Senatorin Christa Goetsch (GAL) hinausgeht. "Wir lehnen das
Zwei-Klassen-System ab", sagte Initiatorin Karen Medrow-Struß vom Elternverein.
"Jedes Kind soll von Klasse eins bis zehn im Klassenverband bleiben und
individuell gefördert werden." Zu den Förderern der Volksinitiative
zählt unter anderem die GEW: "Das jetzige System sortiert die Kinder zu
früh", sagte die stellvertretende Bundesvorsitzende Marianne Dämmer.
Deutschland könne es sich nicht mehr leisten, Kinder schon im Alter von zehn
Jahren als für zu dumm fürs Gymnasium zu erklären. "In fast allen
europäischen Ländern wurde die Debatte um Schulformen geführt. Bei uns wurde
sie unterdrückt. Nun ist sie überfällig." In allen Bundesländen gebe es
mittlerweile ähnliche Initiativen wie die in Hamburg. Doch den Hanseaten
komme die Rolle des Vorreiters zu. "Der Ausgang wird bundesweit von
Bedeutung sein", sagte Dämmer.
alg
http://www.abendblatt.de/daten/2008/09/19/939866.html
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GEW-Pressemitteilung,
17.9.08
Auftakt zum
Volksbegehren
GEW Vorsitzende im
Einsatz: Jede Unterschrift ist wichtig!
„Wie fiebern dem
Startschuss entgegen und werden mit allen Kräften dazu
beitragen, dass das Volksbegehren erfolgreich über die Ziellinie geht“ – die
Vorsitzenden der GEW, Klaus Bullan und Sigrid Strauß, werden sich gemeinsam
mit vielen anderen UnterstützerInnen am Donnerstagabend bei der
Auftaktveranstaltung für das Volksbegehren „Eine Schule für Alle“ warm
machen (18. September 2008 ab 19.00 Uhr in der Ida-Ehre-Gesamtschule,
Bogenstr. 36).
In den kommenden drei Wochen muss die Initiative mehr als 60.000 gültige
Unterschriften sammeln. Der Startschuss dafür fällt in der Nacht vom 18. auf
den 19. September (Donnerstag auf Freitag) auf der Reeperbahn: Unterstützt
von Kiezgrößen und anderen Prominenten werden Bullan, Strauß und ihre
MitstreiterInnen ab Mitternacht die ersten Unterschriften zusammentragen.
Am Freitagvormittag um 11 Uhr geht es weiter: Gemeinsam mit den Vorsitzenden
verschiedener Gewerkschaften in Hamburg stellt die Initiative ihren
Kampagnenbus am Besenbinderhof vor.
http://gew-hamburg.de/pressearchiv.html
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GEW-Pressemitteilung,
17.9.08
„Eine Schule für Alle
bringt mehr Jugendliche zu Schulabschlüssen“
Als „unverantwortliche
Stimmungsmache von Herrn Scheuerls Elbvorortinitiative“ kritisiert der
Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft / GEW Hamburg, Klaus
Bullan, Scheuerls Versuch, die Ergebnisse einer aktuellen Kleinen Anfrage
des Bürgerschaftsabgeordneten Ties Rabe (SPD) zu Lasten der Gesamtschulen zu
interpretieren. Walter Scheuerl tritt mit seiner Initiative für den Erhalt
der Hamburger Gymnasien ab Klasse 5 ein. Ties Rabes Anfrage hatte ergeben,
dass die Quote der Jugendlichen, die die Schule ohne Abschluss verlassen, je
nach Stadtteil in Hamburg unterschiedlich hoch ist.
Bullan: „Fakt ist: Hamburg bildet bundesweit die traurige Spitze –
mehr als 10 Prozent aller Schülerinnen und Schüler verlassen hier die Schule
ohne Abschluss. Dass die so genannten ‚Schulabbrecher’ vor allem in sozial
benachteiligten Stadtteilen wohnen und davon überproportional Kinder mit
Migrationshintergrund betroffen sind, ist ein längst bekannter
bildungspolitischer und sozialpolitischer Skandal, der dringend beendet
werden muss. Die Antwort des Senats auf die kleine Anfrage von Ties Rabe
bestätigt diesen Befund. Sie bestätigt aber auch, dass die Lage viel mit der
Schulstruktur zu tun hat. Wenn in St. Pauli 61 Prozent der Schüler ohne
Abschluss bleiben, in Rotherbaum dagegen null Prozent, so liegt das auch
daran, dass es in St. Pauli keine Schulen gibt, die weiterführende Abschlüsse
bieten. An den skandalösen Zahlen sind nicht, wie Gymnasialverfechter
Scheuerl behauptet, die Gesamtschulen schuld, sondern die ungleiche
Verteilung der Möglichkeiten, zu einem qualifizierten Schulabschluss zu
gelangen. Die Antwort des Senats belegt: Nur eine Schule für Alle kann
sicherstellen, das auch die Kinder in benachteiligten Stadtteilen endlich in
Schulen kommen, die hohe Bildungsabschlüsse ermöglichen.“
http://gew-hamburg.de/pressearchiv.html
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Abendblatt, 19.9.08
Rotherbaum
Pionierprojekt für
Kitas gestartet
Umweltsenatorin Anja
Hajduk stellte gestern im Rudolf-Steiner Haus (Rotherbaum) 200 Pädagogen das
Pionierprojekt "Kita21 - Die Zukunftsgestalter" vor. Das Projekt
mit bundesweitem Modellcharakter soll das Interesse der Kinder für Probleme
wie Klimawandel und Ressourcenknappheit wecken. Es wird von der S.O.F. Save
our Future- Umweltstiftung Hamburg mit 120 000 Euro unterstützt. Alle
Hamburger Kitas und Vorschulen sind aufgerufen, sich an dem Projekt zu
beteiligen (Anmeldeschluss: 5. Januar 2009). Weitere Infos: www.kita21.de
sal
http://www.abendblatt.de/daten/2008/09/19/939783.html
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BSB-Pressemitteilung,
18. September 2008/t-bsb18b
Senatorin Goetsch
würdigt 28 ausgezeichnete Schulen für Umweltschutz
Schulsenatorin Christa
Goetsch würdigt in einer Feierstunde 28 Hamburger Schulen für die
Auszeichnung als „Umweltschule in Europa/Internationale Agenda-21 Schule“.
Der von der Deutschen Gesellschaft für Umwelterziehung ausgeschriebene Preis
geht unter anderem an das Alexander – von - Humboldt-Gymnasium, das Gymnasium
Dörpsweg und die Schule Lokstedter Damm, die den Preis seit Gründung zum 14.
Mal in Folge erhalten. Die Themen der ausgezeichneten Schulen reichen
von „Licht-aus“-Aktionen, Abfallvermeidung, Mobilität, naturnahe
Gestaltung des Schulgeländes, Solarstromanlagen auf dem Schuldach, bis
hin zur Teilnahme an globalen Partnerschaften
http://www.hamburg.de/startseite-pressemitteilungen/
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BSB-Pressemitteilung,
18. September 2008/t-bsb18
Hotline Hamburger
Schuloffensive
Anrufer erhalten ab 22.
September Auskunft über die Schulreform
Mit dem Start der
Regionalen Schulentwicklungskonferenzen am Montag, dem 22. September, hat die
Behörde für Schule und Berufsbildung eine Hotline „Hamburger Schuloffensive“
eingerichtet.
Anrufende erhalten unter der
Telefonnummer 428 99 77 33
von Montag bis Freitag 10 – 18 Uhr
Auskunft zu ihren Fragen über die Veränderungen im Hamburger Schulsystem.
Damit stärkt die Behörde den Service und die Informationen für Eltern,
Schülerinnen und Schüler sowie interessierte Bürgerinnen und Bürger. Neben
den Informationsveranstaltungen in den Schulen hat sie bereits die Website www.hamburg.de/schulreform
eingerichtet und den Flyer
„Eine kluge Stadt braucht alle Talente. Hamburger Schuloffensive.
Informationen für Eltern“
in den Schulen verteilt.
http://www.hamburg.de/pressearchiv-fhh/563210/2008-09-18-bsb-hotline-schulreform.html
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18.09.2008
taz hamburg heute
"Das Thema ist präsent"
Das Volksbegehren "Eine Schule für Alle"
startet eine Unterschriftenkampagne
taz:
Frau Boeddinghaus, heute Nacht startet das Volksbegehren "Eine Schule
für Alle". Bis zum 9. Oktober benötigt die Initiative 61.000
Unterschriften. Wie ist die Stimmung?
Sabine
Boeddinghaus: Die Stimmung ist gut. Wir haben zwar harte Arbeit vor uns, aber
es gibt eine Art positive Nervosität. Es wird ja auch bundesweit auf uns
geschaut. Eine unserer Initiatorinnen, Karen Medrow-Struß, war gerade bei
Anne Will zu Gast.
Zeitgleich
sammelt die Initative der Gymnasial-Lobby "Wir wollen lernen".
Rechnen Sie mit Gegenwind?
Nein,
nicht direkt. Wir treffen kaum auf Vertreter dieser Initiative. Aber anders
als bei der ersten Sammelphase ist das Thema Schulstruktur präsenter. Und
viele, mit denen wir gesprochen haben, finden, dass "Eine Schule für
alle" die Sache klarer macht.
Was
passiert heute Abend?
Es
gibt eine Auftaktveranstaltung mit einem Vortrag des Bildungsforschers Ernst
Rösner in der Ida-Ehre-Gesamtschule. Dort können alle Menschen, die sammeln
wollen, Listen bekommen. Und um Mitternacht werden auf dem Spielbudenplatz
Prominente, wie Unterstützerin Lilo Wanders, als erste unterschreiben.
Wie
wird man Sammler?
Es
gibt auf unserer Homepage www.eineschule.de einen Überblick über alle
Infostände. Wir haben auch einen Sammlerbus gechartert, der drei Wochen lang
durch Hamburg tourt.
INTERVIEW: KAIJA KUTTER
http://www.taz.de/regional/nord/hamburg/artikel/?dig=2008%2F09%2F18%2Fa0221&cHash=2f5994b7c0&type=98
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BSU-Pressemitteilung,
17. September 2007/bsu17a
Das Watt wird Thema im
Klassenzimmer
Drei norddeutsche Länder
vereinbaren das „Nationalpark-Paket“
Lehrerinnen und Lehrer
können sich den Nationalpark Wattenmeer ab jetzt ins Klassenzimmer holen. Die
Nationalparkverwaltungen von Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen
bieten mit dem neuen „Nationalpark-Wattpaket“ ein umfassendes Medienpaket an,
in dem alles zu finden ist, was für den Unterricht in der 3. bis 6.
Klassenstufe gebraucht wird: Unter anderem: Arbeitsbögen, Literatur,
Spülsaumfunde, Spiele, Bastelideen und Tipps für Klassenfahrten.
Übergabe des Wattpakets im Nationalpark-Zentrum Multimar Wattforum in Tönning
(Im Foto: Nationalpark-Leiter Detlef Hansen und Frau Feil, Lehrerin der
Utkiek-Schule in Lübeck und Schüler der 4. Klasse)
Stellvertretend für die drei Nationalpark-Leiter hat Dr. Detlef Hansen als
Leiter der Nationalparkverwaltung in Tönning heute im Nationalpark-Zentrum
Multimar Wattforum das Nationalpark-Wattpaket vorgestellt und einer Klasse
aus Lübeck das erste Exemplar geschenkt. „Das Wattpaket soll mit seinen
attraktiven Materialien dazu beitragen, dass der Nationalpark Wattenmeer
besser in den Unterricht integriert werden kann“, erklärte er.
Nationalparks gelten in vielen Ländern als Umweltschulen der Nation. Um
diesem Ruf gerecht zu werden und einen Beitrag zur Bildung für nachhaltige
Entwicklung zu leisten, haben die drei deutschen Wattenmeer-Nationalparks
gemeinsam mit Naturschutzverbänden das Wattpaket entwickelt. Die Inhalte
wurden von Fachleuten erarbeitet, die täglich mit Natur und Mensch in der
Wattenmeerregion zu tun haben.
Kernstück des Nationalpark-Wattpakets ist ein Ringbuch, das in 13 Kapiteln
alles Wissenswerte für den Unterricht über das Wattenmeer und den Naturschutz
vermittelt. Jedes Kapitel enthält Sachinformationen, Anregungen für den
Unterricht, Arbeitsbögen und Aktionsideen inklusive Lösungen und
Kopiervorlagen. Es ist für den dauerhaften Einsatz konzipiert und kann an
jeder Schule von vielen Klassen genutzt werden.
Das Nationalpark-Wattpaket soll dazu ermutigen, sich für eine ökologisch
ausgerichtete und sozial gerechtere Zukunft zu engagieren. Es schafft
emotionale Zugänge zu den Themen „Nationalpark Wattenmeer“ und „Naturschutz“
und ermöglicht einen fächerübergreifenden und projektorientierten Unterricht.
Beim Lernen mit den neuen Unterrichtsmaterialien und beim Lösen der
Arbeitsbögen hilft den Schülerinnen und Schülern der Austernfischer Freddi.
Er ist das Maskottchen des Nationalparks Wattenmeer.
Ansichtsexemplare des Nationalpark-Wattpakets werden bereitgehalten bei:
· Informationszentrum für Umwelt und Entsorgung, Hermannstraße
14, 20095 Hamburg,
· Nationalpark-Verwaltung Hamburgisches Wattenmeer,
Stadthausbrücke 8, 20355 Hamburg,
· Nationalpark-Haus und -Station auf der Insel Neuwerk.
Das Paket kostet 98,00 Euro plus Porto und kann in der Nationalparkverwaltung
Tönning beim Pädagogischen Zentrum Nationalpark bestellt werden (Tel. 04861
96200, pzn@lkn.landsh.de).
http://www.hamburg.de/presse-bsu/
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ZEIT Nr. 39 vom 18.
September 2008.
»Schule ist die große
Gleichmacherin«
Was muss getan werden,
um Deutschlands Bildungssystem gerechter zu machen? Ein Gespräch mit dem
Erziehungswissenschaftler Jürgen Baumert
Für den 22. Oktober hat Bundeskanzlerin
Angela Merkel die Ministerpräsidenten zu einem »nationalen Bildungsgipfel«
einge-laden. Dort wird auch das Thema Bil-dungsgerechtigkeit zur Sprache
kommen, um die es hierzulande nicht gut bestellt ist. Über Möglichkeiten und
Grenzen der Schule sprachen wir mit Jürgen Baumert, Deutschlands führendem
Bildungsforscher.
DIE ZEIT: Herr Baumert,
wir wollen mit Ihnen über Schule und Gerechtigkeit reden.
Jürgen Baumert: Das
freut mich. Die Frage beschäftigt mich schon lange.
Zeit: Weil unsere Schulen
so ungerecht sind?
Baumert: Weil das Thema
so komplex ist und die prägende Bedeutung von Bildung für das weitere Leben
so enorm gewachsen ist. Unter Soziologen gibt es die Vorstellung,
Lebensverläufe seien heute offener als früher. Das mag subjektiv der Fall
sein, sozialstrukturell ist eher das Gegenteil richtig. Aus den
Lebens-laufstudien meines Kollegen Karl Ulrich Mayer wissen wir, dass der
Lebenslauf in modernen Gesellschaften noch niemals so vorgestanzt war wie
heute. Zugespitzt kann man formulieren: Verrate mir deinen Bildungsabschluss,
und ich sage dir, welche Art von Beruf du ergreifst, wie viel du verdienst,
wen du heiratest und wie gesund du sein wirst.
Zeit: Das klingt
entmutigend. Umso wichtiger erscheint es, dass die Bildungs-institutionen für
einen sozialen Ausgleich sorgen. Aber das funktioniert nicht. Selbst
Arbeitgebervertreter bezeichnen die deutsche Schule als Klassengesellschaft.
Baumert: Die Aufteilung
in Klassen ist in Deutschland in der Schule sichtbarer als in anderen
Ländern, weil mit den verschiedenen Schulformen soziale Unterschiede
institutionalisiert werden, die größer sind als die Unterschiede zwischen
Wohngebieten in den USA. Dennoch wird eines immer wieder vergessen: Es gibt
kein Land, in dem die soziale Herkunft nicht den Schulerfolg mitbestimmt. Die
Frage ist, wie viel Ungleichheit eine Gesellschaft sich leisten will und
ertragen kann.
Zeit: Es gilt also: Wenn
du bessere Bildungschancen haben willst, such dir andere Eltern?
Baumert: Da ist etwas
dran. Denn bereits am ersten Tag nach der Geburt vergrößern sich die in die
Wiege gelegten Unter-schiede. Wie liebevoll Eltern für ihre Kinder sorgen,
wie sie mit ihnen reden und spielen, wie sie zuhören, ob und was sie
vorlesen: Alles wirkt sich im Wechselspiel mit der natürlichen Mitgift auf
die Lebenschancen des Kindes aus. Auch Erziehung spielt eine große Rolle. So
müssen Kinder lernen, dass nicht jedes Bedürfnis sofort befriedigt werden
kann.
Zeit: Was hat das mit
dem Schulerfolg zu tun?
Baumert: Sehr viel.
Stellen Sie ein Kind vor die Wahl: Du bekommst jetzt einen Bonbon oder nach
erledigter Aufgabe drei. Der Belohnungsaufschub erlaubt eine gute Vorhersage
über spätere Ausdauer und späteres Arbeitsverhalten. Kommen die Kinder erst
in die Schule, können die Unterschiede größer kaum sein: im Weltwissen, in
den kognitiven Fähigkeiten, in Leistungs- und Anstrengungsbereitschaft oder
der Verhaltens- und Emotions-kontrolle. Die Schere geht oft von Jahr zu Jahr
weiter auf. Die Schule kann nicht mehr erreichen, als Unterschiede abzumildern.
Zeit: Erreicht sie das
Ziel?
Baumert: Nicht so gut,
wie es sich viele erträumen, aber besser, als viele glauben.
Die Schule ist die große
Gleichmacherin der Nation. Überall hält sie die Kinder sozial stärker
zusammen als die Familien. In einer Langzeitstudie wurden in Baltimore Kinder
von der Einschulung bis zur Highschool immer wieder vor und nach der
Sommerpause getestet. Die Leistungskurven der Kinder aus unter-schiedlichen
Sozialschichten verliefen während der Schulzeit parallel. Erst in den Ferien,
wenn die Kinder nur dem Einfluss der Familie und Nachbarschaft ausgesetzt
waren, gingen sie auseinander. Eine Untersuchung, die wir kürzlich in Berlin
durchgeführt haben, belegt diesen Sommerlocheffekt auch für die kurzen
deutschen Ferien: Kinder aus sozial benachteiligten Schichten und Zuwanderer
lernen in dieser Zeit weniger dazu als Schulkameraden aus begüterten
Schichten.
Zeit: Aber empfehlen
Lehrer einem Kind aus sozial schwachen Familien nicht eher eine niedrigere
Schulform.
Baumert: Das kommt vor.
Dennoch ist die Lehrerempfehlung sozial gerechter, als wenn Eltern die
Übergangsentscheidung allein treffen.
Zeit: Wir haben doch bei
Pisa gelernt, dass ein Akademikerkind bei gleicher Leistung dreimal mehr
Chancen hat, auf ein Gymnasium zu kommen, als ein Arbeiterkind.
Baumert: Keine Frage, es
gibt eine vom Schulsystem produzierte Ungerechtigkeit, und in Deutschland ist
sie besonders hoch. Aber auch in anderen Ländern wird man seine Familie nicht
los. Selbst im egalitären Schweden trennen sich nach der neun-jährigen
Grundschule die Bildungswege der Sozialschichten. Die eigentliche Frage ist,
ob die sozialen Unterschiede kleiner werden, wenn die Trennung später
erfolgt.
Zeit: Und tun sie dies?
Baumert: Viele Befunde
sprechen dafür. Je früher differenziert wird, desto unklarer sind die
Prognosen, desto größer ist der Einfluss der Eltern bei der
Übergangs-entscheidung und desto länger wirken die unterschiedlichen Milieus,
die sich in den Schulformen herausbilden.
Zeit: Wünscht sich
Jürgen Baumert gerade eine schwedische Schule für alle?
Baumert: Es geht nicht
ums Wünschen, sondern um eine realistische und politisch durchsetzbare
Fortentwicklung unseres Schulsystems. Die Bundesländer, die ihr System durch
die zusätzliche Einführung der Gesamtschule weiter differenziert und damit
faktisch die soziale Ungleichheit erhöht haben, stehen unter besonderem
Zugzwang. Das sind die Stadtstaaten, Nordrhein-Westfalen und Hessen. Ihr
vier- oder fünfgliedriges Schulsystem ist extrem teuer, aus demografischen
Gründen kaum durchhaltbar und durch die Konzentration von Risikoschülern in
einer Schulform schwer zu rechtfertigen. Dagegen präsentieren Sachsen und
Thüringen das erfolgreiche und sehr flexible Vorbild der Zweigliedrigkeit.
Hier gibt es praktisch keine Schulen, die ein Risikomilieu darstellen.
Zeit: Was heißt das,
Risikomilieu?
Baumert: Die Leistungen
der Schüler entwickeln sich nach der Grundschule je nach besuchter Schulform
unterschiedlich – und zwar auch der Schüler, die in der Grundschule noch ein
vergleichbares Leistungsniveau aufwiesen. Für diesen Schereneffekt gibt es
mehrere Gründe: die unterschiedlichen Bildungsvorstellungen, die
leistungsmäßige und soziale Zusam-mensetzung der Klassen, der
unterschied-liche Unterricht und die unterschiedliche Qualifikation der
Lehrkräfte. Dies alles wirkt sich kumulativ nachteilig in leistungsmäßig und
sozial ausgelesenen Hauptschulen in Ballungsgebieten aus. Hier kann man von
Schulen mit Risikomilieu sprechen. In Berlin gehören 60 Prozent der
Hauptschulen dazu. In Bayern gibt es diese Problemschulen so gut wie nicht,
da hier noch fast ein Drittel aller Schüler die Hauptschule besucht.
Zeit: Kein Thema also
für die Südländer?
Baumert: Langfristig
werden wohl auch Baden-Württemberg und Bayern schon aus demografischen
Gründen den Weg in die Zweigliedrigkeit öffnen. Zunächst nur für
strukturschwache Gebiete, später möglicherweise optional für das ganze
System.
Zeit: Schulpolitiker in
Nordrhein-West-falen glauben, das jetzige System sei zu retten, so, wie es
ist.
Baumert: Das Land ist gerade dabei, sich das Leben schwer zu machen. Mit
einem kompromisslosen Beharren auf herge-brachten Strukturen werden Kosten
verursacht und Handlungsmöglichkeiten abgeschnitten.
Zeit: Weil das Thema
ideologisch aufgeladen ist?
Baumert: Ich beobachte
eher, dass die Ideologie auf dem Rückzug ist. Mitunter scheint die Hauptfrage
zu sein, wie ein Land zu einer vernünftigen Lösung kommt, ohne dass die
Politik ihr Gesicht verliert. Aber Vorsicht: Auch eine Veränderung der
Schulstruktur erreicht niemals – und schon gar nicht allein – einen
Chancenausgleich. Eine solche Utopie produziert nur Enttäuschungen.
Zeit: Welches Ziel
können wir denn erreichen?
Baumert: Realistischer
ist es, ein Bildungsminimum als Bringschuld der Schule zu definieren, das
allen Kindern, unabhängig von ihrer Herkunft, garantiert wird. Jeder, der die
Schule verlässt, muss eine reale Chance haben, in Würde an der Gesellschaft
teilzuhaben: beruflich, privat, als Staatsbürger. Wird dieser
Mindest-standard erreicht, kann man Leistungs-unterschiede sogar wollen und
fördern und gelassener mit sozialen Unterschieden umgehen.
Zeit: Bemühen sich die
Schulen denn darum?
Baumert: Viel zu wenig.
Es geht ja um die Bringschuld für die sogenannten Risiko-schüler, deren Zahl
in Deutschland besonders hoch ist. Viele von ihnen stammen aus
Zuwandererfamilien und sozial schwachen Familien deutscher Herkunft. Hier
hätten sich die Kultus-minister nach Pisa aufraffen und die Förderung dieser
Schüler nicht nur zur Hauptherausforderung erklären, sondern auch
konzentrierte und mit anderen Ressorts abgestimmte Maßnahmen ergreifen
müssen. Dass dies bis heute nicht wirklich geschehen ist, ist ein großes
Versäumnis.
Zeit: Was wäre zu tun?
Baumert: Notwendig sind
zusätzliche Lernangebote, um Lücken zu schließen, etwa am Nachmittag oder in
den Ferien. Dabei sollte man sich auf die Basiskompetenzen konzentrieren. In
erster Linie müssen die Kinder flüssiges und verständiges Lesen lernen. Wer
am Ende der Sekundarschule immer noch mit dem Finger unter der Zeile liest
und am Ende des Satzes den Anfang vergessen hat, besitzt keinen Zugang zu
irgendeiner Form zukunfts-fähiger beruflicher oder akademischer Bildung.
Zeit: So ein Programm
wird teuer. Immerhin zählt ein Fünftel aller Schüler zu den Risikokandidaten.
Baumert: Wenn es um die
Basisfähigkeiten geht, können Bund und Länder sich zusammentun. Schon heute
gibt die Bundesagentur für Arbeit einige Milliarden Euro jährlich für
Reparaturmaßnahmen nach der Schule aus. Könnte ein Teil dieses Geldes in oder
am Rande der Schule eingesetzt werden, um gefährdete Schüler zu fördern, wäre
viel gewonnen. Übrigens helfen die Mindeststandards dabei, ein
Gerechtigkeitsproblem in den Griff zu bekommen, das bislang kaum thematisiert
wird.
Zeit: Welches ist das?
Baumert: Die
Abschlussgerechtigkeit. In einigen Bundesländern bleiben bis zu 50 Prozent
der Hauptschüler am Ende der neunten Klasse unter den Mindestan-forderungen.
Dennoch bekommen sie ihren Abschluss, der de facto weniger wert ist als ein
Hauptschulabschluss etwa in Bayern, der das Niveau von Realschulen in anderen
Ländern erreichen kann. Bisher haben die erfolgreicheren Länder beachtlichen
Langmut bewiesen. Aber je mehr wir die Abschlüsse durch Bildungsstandards
vereinheitlichen, desto stärker wird das Ausmaß dieser Ungerechtigkeit
transparent.
Zeit: Fragt man die
Kultusminister, was sie für mehr Bildungsgerechtigkeit unternehmen, verweisen
sie auf vorschulische Sprachprogramme und mehr frühkindliche Bildung. Ist das
der richtige Weg?
Baumert: In jedem Fall.
Bildungs-ökonomische Untersuchungen belegen: Je früher man mit der Förderung
beginnt, desto wirkungsvoller sind die Maßnahmen und desto höher ist ihre
Rendite. Wie Langzeitstudien aus den USA, insbe-sondere das Perry Preschool
Program, gezeigt haben, bekommt die öffentliche Hand für jeden Dollar, den
sie für kleine Kinder aus sozial schwachen Familien investiert, das bis zu
Siebenfache zurück. Diese Kinder haben später bessere Schulabschlüsse, leben
seltener von Sozialhilfe und werden weniger häufig kriminell.
Zeit: Fordern Sie eine
Kindergartenpflicht?
Baumert: Man sollte
zumindest alles tun, dass die bedürftigen Kinder Hort und Kita besuchen.
Eltern Geld zu geben, wenn sie ihre Kinder zu Hause erziehen, ist sicherlich
der falsche Weg. Dennoch bleibt die schwierige Frage, wie stark der Staat ins
Fa-milienleben eingreifen darf. Es geht ja nicht allein um Sprachförderung
oder die Schaffung einer anregenden Umgebung im Kindergarten. Viele Familien
benötigen Hilfe bei viel elementareren Dingen: dass die Kinder früh genug ins
Bett gehen, dass sie sich gesund ernähren, dass sie nicht mit Fernsehen
ruhiggestellt werden. Es geht um Maßnahmen gegen eine schleichende
Vernachlässigung, die noch als normal gilt. Immerhin, bei der frühkindlichen
Bildung sind wir endlich auf dem richtigen Weg.
Zeit: Das kann man von
der Reform der Lehrerausbildung nicht sagen.
Baumert: Dies ist unter
Kultusministern ein unbeliebtes Thema. Eigentlich müssten die
bestausgebildeten und tüchtigsten Lehrkräfte die jüngsten und die
schwierigsten Schüler unterrichten. Leider ist dies nicht der Fall. Schon
beim Zugang zum Lehramtsstudium findet eine Selbstselektion in die – zu
Unrecht – unterschiedlich anspruchsvollen Lehramtsstudiengänge statt.
Zeit: Inwiefern macht
sich die unter-schiedliche Ausbildung denn bemerkbar?
Baumert: Die Studie
Coactiv, die vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Zusammenarbeit
mit den Universitäten Kassel und Oldenburg durchgeführt wurde, hat gezeigt,
dass Mathematiklehrkräfte, die über ein breiteres fachliches und fach-didaktisches
Repertoire verfügen, in allen Schulformen anspruchsvolleren Unterricht
erteilen, besser helfen können und deutlich bessere Lernfortschritte ihrer
Schülerinnen und Schüler erreichen. Und die Kompetenz-unterschiede zwischen
Lehrkräften, die für das Lehramt an Haupt- und Realschulen beziehungsweise an
Gymnasien ausgebildet wurden, sind sehr groß. Die weit verbreitete Meinung,
dass Gymnasiallehrkräfte didaktisch weniger könnten, ist schlicht falsch.
Zeit: Sind dafür die
Haupt- und Real-schullehrer nicht pädagogisch besser?
Baumert: Bislang ist
auch das Folklore. Ob Haupt- und Realschullehrkräfte päda-gogisch solider
ausgebildet sind und erzieherisch besser arbeiten als ihre Gymnasialkollegen,
ist nicht untersucht. Eine meiner nächsten Untersuchungen könnte eine
experimentelle Studie sein, bei der Hauptschullehrkräfte an Gymnasien und
Gymnasiallehrer an Hauptschulen unterrichten.
Zeit: Wie könnte eine
Reform aussehen?
Baumert:
Nordrhein-Westfalen geht einen vielversprechenden Weg, die Lehreraus-bildung
auf einem höheren, gemeinsamen Niveau zu vereinheitlichen. Solange wir die
Lehrer für jede Schulform auf unterschiedlichem Niveau ausbilden, bekommen
wir die Differenzierung nicht aus den Köpfen heraus.
Zeit: Und der Verdienst?
Ein Hauptschul-lehrer bekommt heute weniger als sein Gymnasialkollege.
Baumert: Sehr zu Unrecht
– die Arbeit ist unterschiedlich, aber nicht im zu stellenden Anspruch.
Realistisch wird man eine gemeinsame Besoldungsstruktur für alle Lehrkräfte
nur durch Absenken der Eingangsbesoldung erreichen können – mit
anschließender Differenzierung nach Leistung und Engagement für alle
Lehrkräfte.
Zeit: Herr Baumert,
neben den bisherigen Versäumnissen – sehen Sie auch Fortschritte?
Baumert: Immerhin
scheint der Einfluss des Elternhauses auf die Schulkarriere in den
vergangenen sechs Jahren etwas zurückgegangen zu sein, wenn man den neuen
Pisa-Befunden folgt. Woran das liegt, wissen wir nicht genau. Aber ich
vermute, dass sich ein Mentalitätswandel abzeichnet, mit dem das pädagogische
Verantwortungsbewusstsein wächst. Man schiebt weniger schnell ab, die
Schul-behörden schauen genauer hin, wie viele Kinder in den jeweiligen
Schulen sitzen bleiben oder ohne Schulabschluss bleiben, und haken bei den
Schulleitungen nach. Das System beginnt unter dem Druck der Öffentlichkeit
umzudenken.
Das Gespräch führten
Thomas Kerstan und Martin Spiewak
Professor Pisa
Einer breiteren Öffentlichkeit wurde der Erziehungswissenschaftler Jürgen
Baumert als Leiter des deutschen Teils der ersten Pisa-Studie (Programme for
International Student Assessment) bekannt, die Ende 2001 großes Aufsehen
erregte. Selbst die Forscher waren schockiert darüber, dass in Deutschland
eine große Gruppe soge-nannter Risikoschüler identifiziert wurde: Ein knappes
Viertel der Fünfzehnjährigen konnte nicht flüssig lesen und nur auf
Grundschulniveau rechnen. Baumert ist der einflussreichste deutsche
Bildungsforscher. Seit 1996 ist er Direktor am Max-Planck-Institut für
Bildungsforschung in Berlin. Er sitzt in allen wesentlichen Beratungs-gremien
der Bildungspolitik; seine Schüler leiten einige der wichtigsten
pädago-gischen Forschungsinstitute. Jürgen Baumert liebt den Widerspruch. In
den stark ideologisch geführten Debatten, etwa um die Gesamtschulfrage, hat
er jedoch nie Partei ergriffen. Sein Motto: »Misstraue allen schnellen
Lösungen.«
DIE ZEIT Nr. 39 vom 18.
September 2008
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Pressemeldung der ARGE
Gesamtschulen, 17.9.08
Mit Empörung hat die
ARGE von der Pressemeldung der Volksinitiative „Wir wollen lernen“ (http://www.wir-wollen-lernen.de/resources/Pressemeldung_20080915.pdf
) Kenntnis genommen, allerdings kennen wir die schöpferische Kraft Herrn Dr.
Scheuerls doch schon lange durch viele Diskussionen im Elternforum der
Elternkammer (http://www.lists.schulnetz.org/pipermail/eltern-forum/
).
Die Pressemeldung der
wwl-Initiative wiederum setzt dem Ganzen, sozusagen, die Krone auf.
Da rechnet man schnell einmal die Abgängerzahlen der Haupt-, Realschulen und
des Gymnasiums zusammen, um sie dann den Zahlen der Gesamtschulen
gegenüberzustellen.
Berücksichtigt er dabei,
dass die SchülerInnen der Gymnasien vielfach gesiebt sind
(Gymnasialempfehlung, Abschulen nach Klasse 5, Abschulen nach Klasse 6,
usw.)?
Nein, man rechnet sie einfach mit den Zahlen der Haupt- und Realschulen
zusammen und kommt natürlich zu einer „günstigen“ Prozentzahl.
Wir sind uns darüber
einig, dass die Zahl der SchülerInnen ohne Hauptschulabschluss
viel zu hoch ist. Aber wenn schon rechnen wir dies bitte auch ehrlich:
Hauptschule 19,6 %
Realschule 2,8 %
Integrierte Haupt- und Realschule 13,7 %
Gesamtschulen 7,9 %
Gymnasien 0,1 %
Ein deutlicher
Zusammenhang besteht allerdings zwischen der sozialen Lage im Stadtteil und
der Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss und dies betrifft jeweils alle
Schulformen und sollte für jeden, auch für Herrn Scheuerl, ein Grund zur
Erschütterung sein!
Lieber Herr Dr.
Scheuerl, wieso verschweigen Sie, dass Ihre „hochgelobten“ Gymnasien 16,2 %
ihrer SchülerInnen nicht zum vorgesehenen Abschluss, dem Abitur, verhelfen?
Schon nach Klasse 5
schulen die Gymnasien „unpassende“ SchülerInnen auf andere Schulen ab,
während die Gesamtschulen alle SchülerInnen weiter fördern und auch
Spätentwicklern den bestmöglichen Abschluss bis zur 10 Klasse offen halten.
Lobt Herr Scheuerl die
integrierten Gesamtschulen:
Alter Teichweg 1,8 %
Erich-Kästner-Gesamtschule 1,4 %
GS Bergedorf 0,9 %
GS Walddörfer 3,6 %
Peter-Petersen-Schule 1,8 %
weil sie jeweils nur die
angegebenen Prozentzahlen von Schülern ohne Abschluss entlassen? Nein, er
greift sich natürlich die Max-Brauer-Schule heraus, die mit 6,7 % der
Schulentlassenen ohne Hauptschulabschluss zwar unter dem Durchschnitt der
Gesamtschulen liegt, der man aber wegen der Tatsache, dass Herr Goetsch
(Ehemann der Schulsenatorin) hier arbeitet, hervorragend „eine herein würgen“
kann. Dass diese Schule im Jahr 2006 den deutschen Schulpreis gewann,
verschweigt er natürlich geflissentlich. Kurz gesprochen: „Herr Scheuerl, Sie
sind unehrlich“.
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Pressemeldung
Gesamtschulverband GGG, 18.9.08
Presseerklärung
Herr
Scheuerl von der Initiative „Wir wollen lernen“ hat wieder einmal versucht,
die Leistungen der Gesamtschulen herabzusetzen. Diesmal müssen die
Abschlusszahlen des Schuljahres 2006 /2007 dafür herhalten. Dass ihm dazu der
Senat mit seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Ties Rabe (
SPD ) auch noch das Material geliefert hat, ist eine zusätzliche Betrachtung
wert. Auch wenn dem Senat formal kein Vorwurf zu machen ist, da er
korrekt auf die Fragen des Abgeordneten antwortet, so ist doch die Frage
berechtigt, warum er Zahlen in die Welt setzt, die zu Missverständnissen
führen müssen.
Es geht
um die Schulabgängerinnen und Schulabgänger aus Hamburger allgemein bildenden
Schulen im Schuljahr 2006 / 2007. Diese werden in der Zusammenstellung des
Senats nicht danach unterschieden, ob sie nach der 9. oder 10. oder erst nach
der 12. oder 13. Jahrgangsstufe ihre Schule verlassen haben. So wird
suggeriert, dass alle zu demselben Schülerjahrgang gehören. Das ist nicht der
Fall. Aussagen über Abgängerzahlen lassen sich aber nur auf der Grundlage
eines Schülerjahrgangs treffen.
Wichtiger
ist, dass diese Zahlen nichts über den Erfolg oder Misserfolg einer Schulform
aussagen. Die Schülerpopulationen, die hier miteinander verglichen werden,
sind nicht miteinander vergleichbar. In jedem Jahr gehen nach der 4. Klasse
der Grundschule ca. 50% der Schülerinnen und Schüler in ein Gymnasium über.
Bezieht man diese Schüler und Schülerinnen in die Vergleichsrechnung ein –
was Herr Scheuerl tut-, muss der Anteil derer, die die Schule ohne einen
Hauptschulabschluss verlassen, natürlich niedrig ausfallen. Betrachtete man
die Hauptschulen allein, liegt der Anteil ohne einen Abschluss bei 19,6%.
Angesichts
der hohen Übergänge nach der Klasse 4 der Grundschule auf das Gymnasium sind
die 22,6% der Gesamtschüler, die das Abitur erwerben, ein Erfolg. Viele
dieser Abiturientinnen und Abiturienten sind ohne eine Gymnasialempfehlung
zur Gesamtschule gekommen und in den Jahrgängen 5 bis 10 so gefördert worden,
dass sie die gymnasiale Oberstufe erfolgreich abschließen konnten.
Anders
sieht es an den Gymnasien aus. Von den 5732 Schülerinnen und Schülern, die
1998 in die 5. Klasse eines neunstufigen Gymnasiums eingetreten sind, haben
am Ende des Schuljahres 2006 / 2007 nur 4406 das Abitur geschafft; 1326 sind
vorher gescheitert. Das sind 23,2%. Darin liegt das Fiasko. Hamburg braucht
eine Schule für Alle.
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Quelle: Newsletter der Elternkammer Hamburg (und
eigene), 19.09.2008
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