Presseschau im November 2002 (Teil 3)

 

http://www.abendblatt.de/daten/2002/11/19/94365.html

Volkspetition: 42 000 Unterschriften

Viel Post für Bürgerschaftspräsidentin Dorothee Stapelfeldt (46, SPD) und Vizepräsident Peter Paul Müller (62, Schill-Partei): Die Initiatoren der ersten Volkspetition haben den Parlamentariern gestern auf der Diele des Rathauses mehr als 42 000 Unterschriften gegen die Sparpolitik des Senats an den Schulen übergeben. "Bildungspolitik darf nicht an den Betroffenen vorbei gemacht werden. Deswegen haben wir die Volkspetition gestartet", sagte Karen Medrow-Struß (42) vom Elternverein, eine der Initiatorinnen.Die SPD-Bildungsexpertin Britta Ernst (41) sprach von einem "Denkzettel" für Bildungssenator Rudolf Lange. Für GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch (50) ist die Petition "eine Abstimmung gegen die Schulpolitik".Die Bürgerschaft muss das Thema jetzt auf die Tagesordnung setzen und in einem Ausschuss behandeln. pum

erschienen am 19. Nov 2002 in Hamburg

http://www.abendblatt.de/daten/2002/11/19/94254.html

Bilinguale Schule stellt sich vor

Die deutsch-türkische Grundschule Lämmersieth (Lämmersieth 72a, Dulsberg) stellt sich morgen ab 20 Uhr vor. Eingeladen sind Eltern, deren Kinder zum Schuljahr 2003/2004 schulpflichtig werden. Die bilinguale Grundschule bietet Kindern aus deutschen, türkischen und binationalen Familien die Möglichkeit, Sprache und Kultur des jeweils anderen Landes vom ersten Schulalltag an kennen zu lernen. pum

erschienen am 19. Nov 2002 in Hamburg

http://www.abendblatt.de/daten/2002/11/19/94327.html

Angst um betreute Schule

Schleswig-Holstein: "Verlässliche Grundschule" gefährdet das Modell

Kiel - Die Einführung der verlässlichen Grundschule in Schleswig-Holstein könnte sich für einige Eltern als Rückschritt erweisen. Grund: Die neue Grundschule mit fester Betreuungszeit gefährdet die so genannten betreuten Grundschulen. In ihnen werden Kinder sogar bis zu sieben Stunden täglich versorgt. Solche kostenpflichtigen Angebote gibt es an 420 der 620 Grundschulen in Schleswig-Holstein.

"Das Land muss sicherstellen, dass die im Prinzip richtige Einführung der verlässlichen Grundschule nicht zu einer schlechteren Betreuung der Kinder führt", warnt Bernd Schauer von der Lehrergewerkschaft GEW. Viele berufstätige Eltern oder Alleinerziehende seien darauf angewiesen, dass ihre Kinder länger als vier oder fünf Stunden versorgt sind. Vorgesehen sind nach den Plänen des Schulministeriums für Erst- und Zweitklässler in der verlässlichen Grundschule vier Stunden Betreuung (8 bis 12 Uhr), für Dritt- und Viertklässler fünf Stunden (8 bis 13 Uhr). Viele betreute Grundschulen arbeiten dagegen von 7 bis 14 Uhr.

Der Startschuss für die verlässliche Grundschule soll Anfang des Schuljahrs 2003/04 fallen. Eingeführt wird sie im Kreis Stormarn sowie in den hamburgnahen Regionen der Kreise Pinneberg, Segeberg und Lauenburg.

Schulministerin Ute Erdsiek-Rave (SPD) hat bereits klar gemacht, dass sie die erweiterten Angebote in den betreuten Grundschulen erhalten möchte, allerdings nur vor 8 Uhr und nach 12 oder 13 Uhr. Was die Betreuer zwischendurch machen sollen, ist ebenso offen wie die Finanzierung. Für ein reduziertes Angebot werden wohl weder die Eltern noch die Gemeinden die bisherigen Beiträge oder Zuschüsse zahlen wollen. Und: Das Land hat bereits angekündigt, seine Förderung umzustellen. In Lübeck gibt es erste Proteste. Die betreuten Grundschulen fürchten angesichts der Pläne aus Kiel um ihre Existenz. ubi

erschienen am 19. Nov 2002 in Norddeutschland

http://www.welt.de/data/2002/11/19/17208.html

43000 Unterschriften gegen Schulpolitik

So viel Protest war noch nie

Am Montag haben Eltern, Lehrer und Gewerkschaftler rund 43 000 Unterschriften gegen die Schulpolitik des Senats an Bürgerschaftspräsidentin Dorothee Stapelfeldt (SPD) überreicht. "Es herrscht wirklich große Not an den Schulen", sagte die Vorsitzende des Elternvereins Hamburg, Karen Medrow-Struß. GEW-Vorsitzende Stephanie Odenwald unterstrich, dass der Senat Verantwortung für die "schlechte Situation" an den Schulen trage. Britta Ernst, schulpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, nannte die Unterschriften einen "Denkzettel" für Schulsenator Lange. Lothar Hüneke von der Arbeitsgemeinschaft der Hamburger Elternräte an Gesamtschulen erwartet nun, dass die Bürgerschaft sich der Petition annimmt. Die erste Hamburger Volkspetition wird jetzt von der Bürgerschaftskanzlei geprüft und danach an einen Bürgerschaftsausschuss überwiesen. esh

Artikel erschienen am 19. Nov 2002

http://www.mopo.de/nachrichten/101_17376.html

Eltern verunsichert und empört | 19.11.2002

Proteststurm gegen die Kita-Pläne

Von Sandra Schäfer

Kita-Träger fordern Aufschub / FDP verteidigt Pläne

Kindergarten-Plätze verteilen, wie aus der Lostrommel – das wirft der Elternverein "FamilienPower" der Bildungsbehörde vor (MOPO berichtete). So könnte eine Eimsbütteler Familie gezwungen sein, ihren Gutschein in Niendorf einzulösen, weil es im eigenen Stadtteil einfach keine freien Plätze gibt. Die Debatte um den für August 2003 geplanten Kita-Gutschein schlägt hohe Wellen. Eltern sind entsetzt. Und auch eine zweite Front bleibt: Selbst nach den Krisengesprächen bleiben die Kita-Träger zurückhaltend-skeptisch.

"Von einer Lostrommel kann keine Rede sein", weist Wieland Schinnenburg, jugendpolitischer Sprecher der FDP die Kritik zurück. Schinnenburg räumt ein, dass es in Zukunft keine Bezirksgebundenheit der Plätze mehr geben wird und somit Eltern mit dem Kita-Gutschein keine Garantie haben, in ihrer Nähe einen Platz zu finden.

"Gerade diese Ortsbezogenheit wollen wir ja auch nicht mehr", so Schinnenburg. Früher hätten Eltern vom Bezirk die Ansage bekommen, es gebe zurzeit vor Ort nichts und dann hätten sie eben gar keinen Platz bekommen. "In Zukunft können sie dann in der ganzen Stadt nach einem Platz gucken."

Dass es kurzfristig dazu führen kann, dass in Ballungsgebieten Eltern keinen Platz bekommen, gesteht Wieland Schinnenburg ein. Auch, dass es erst einmal zu einem Durcheinander kommen werde. "Aber auf Dauer werden die Kitas, bei denen besonders viele Eltern anfragen, ihre Plätze ausbauen können und die wenig nachgefragten müssen eben abgeben." Die Kritik von "FamilienPower", dass Eltern allein gelassen werden, weist auch die Bildungsbehörde zurück. "Die Jugendämter der Bezirke werden auch zukünftig Eltern beraten", so Behördensprecher Hendrik Lange.

Bei den Kriterien, nach denen die Mangelware Kita-Gutschein vergeben wird, besteht offensichtlich auf Seiten der Regierungsparteien nach heftiger Kritik der Kita-Träger Verhandlungsbereitschaft. Sowohl Marcus Weinberg (CDU), als auch Wieland Schinnenburg (FDP) räumen ein, dass noch nachgebessert werden müsse. "In den Bereichen Kinder mit Sprachförderungsbedarf und auch bei der Elternzeit besteht noch Handlungsbedarf", so Weinberg.

Am Freitag hatten die Kita-Träger noch einmal die Gelegenheit, Senator Lange ihre Bedenken vorzutragen. Zu der von der Behörde erhofften gemeinsamen Presseerklärung kam es aber nicht – man konnte sich nicht einigen. So spricht der alternative Wohlfahrtsverband "Soal" nach wie vor von "Ausgrenzung von Teilen der Bevölkerung durch das Kita-Gutschein-System" und fordert einen Aufschub um ein Jahr, um nachzubessern.

Norbert Kessler , Vertreter der Wohlfahrtsverbände (Caritas, AWO, Diakonie) ist "sehr skeptisch". Kessler: "Wir fordern eine sozial verantwortliche Lösung, die wir mittragen können. Weitere Gespräche wurden uns zugesagt. Wenn wir aber bei der Umsetzung nicht gehört werden und Eltern sich gegen die Pläne zur Wehr setzen, werden wir sie unterstützen."

http://www.taz.de/pt/2002/11/19/a0022.nf/text

Lange Liste

Volkspetition gegen die Kürzungen im Bildungsbereich übergibt 43.568 Unterschriften an Bürgerschaft

Gedränge in der Rathausdiele: Lehrer, Schüler, Eltern und Vertreter der Initiatoren übergaben gestern 50 Umschläge mit 43.568 Unterschriften unter eine Volkspetition gegen die Kürzungen im Bildungsbereich an Bürgerschaftspräsidentin Dorothee Stapelfeldt (SPD). Innerhalb von zwei Monaten waren die Unterschriften an Infoständen, in Schulen und Betrieben zusammengekommen. Die Überbringer waren zwar stolz auf den Erfolg dieser ersten Hamburger Volkspetition, nicht jedoch über den Anlass.

Die Misere an den Hamburger Bildungseinrichtungen hatte Gewerkschaften, Elternvereine und Schulverbände auf den Plan gerufen. Die Sparmaßnahmen im Bildungsbereich führten zu Unterrichtsausfall, zu noch größeren Klassen und verfallenden Schulgebäuden. "Wir hätten gern Decken, von denen kein Wasser tropft, Fenster, die sich öffnen und schließen lassen, und Heizungen, die funktionieren", überbrachte Olaf Schwede von der DGB-Jugend die Wünsche an die Bürgerschaftspräsidentin.

Die Unterschriften werden jetzt von der Bürgerschaftskanzlei gezählt. Wenn die Petition gültig ist (mindestens 10.000 Unterschriften) wird sie an einen Ausschuss überwiesen. Dort erläutert ein Vertreter der Petenten das Anliegen. Der Ausschuss berichtet der Bürgerschaft und gibt eine Beschlussempfehlung ab. Diese kann in der Bürgerschaft debattiert werden. "Lange sollte diese 40.000 Denkzettel ernst nehmen", sagte Britta Ernst, schulpolitische Sprecherin der SPD. Ihre Fraktion teile das Anliegen der Petition und werde es in der Bürgerschaft unterstützen. helga jahnke

taz Hamburg Nr. 6908 vom 19.11.2002, Seite 22, 55 TAZ-Bericht helga jahnke

http://www.taz.de/pt/2002/11/19/a0026.nf/text

Kita-Gesetz

Heute berät der Hamburger Senat über den umstrittenen Gesetzentwurf für das Kita-Gutscheinsystem. Die Oppositionsparteien SPD und GAL halten die Pläne (taz berichtete mehrfach) für unsozial. Das Angebot zu einem parteiübergreifenden "Pakt für Kinder" hatte die Regierungskoalition in der vorigen Woche ausgeschlagen.

taz Hamburg Nr. 6908 vom 19.11.2002, Seite 22, 12 Zeilen (TAZ-Bericht)

http://www.taz.de/pt/2002/11/19/a0062.nf/text

in kürze

REALSCHULLEHRER OSTEN

Junge wandern ab

Schlechtere Arbeitsbedingungen an ostdeutschen Realschulen führen laut Lehrerverbänden zur Abwanderung jüngerer Lehrer. Befristete Verträge, niedrige Einkommen und von der Kassenlage der Länderhaushalte diktierte Stundenverpflichtungen belasteten die Lehrer. (dpa)

taz Nr. 6908 vom 19.11.2002, Seite 7, 12 Zeilen (Agentur)

http://www.sueddeutsche.de/aktuell/sz/getArticleSZ.php?artikel=artikel3338.php

Symposium über Folgen der Pisa-Studie

Bulmahn strebt Spitzenplatz an

"Für Wirtschaft und Gesellschaft ist Bildung entscheidend"

Von Miriam Hippchen

Berlin – Deutschland soll im internationalen Vergleich bei der Bildung bald wieder zur Spitzengruppe gehören. Das erklärte die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Edelgard Bulmahn (SPD), am Montag zur Eröffnung des internationalen Symposiums "Schlussfolgerungen aus dem internationalen Schülerleistungsvergleich Pisa für die Gestaltung der Bildungspolitik" in Berlin.

"Bildung entscheidet heute nicht nur über die Zukunft des Einzelnen, sondern über die Zukunft unserer Wirtschaft und unserer Gesellschaft insgesamt", betonte Bulmahn. Die Ergebnisse der Pisa-Studie, welche die Organisation für Zusammenarbeit und Entwicklung in Europa (OECD) im Sommer 2002 veröffentlicht hatte, seien zwar enttäuschend für Deutschland gewesen, sagte Bulmahn. Die Bildungsministerin begrüßte jedoch, dass durch die Studie die öffentliche Meinung "mobilisiert" worden sei und das Thema Bildung endlich einen herausragenden Stellenwert bekommen habe.

Als Kernpunkte einer Bildungsreform nannte Bulmahn eine verbesserte Frühförderung von Kindern im Vorschulalter, die Verankerung des Konzepts "Lebenslanges Lernen" in der Bevölkerung sowie eine Umstrukturierung der Ausbildung von Lehrkräften. Die Ministerin forderte den Ausbau von Ganztagsschulen und die Entwicklung nationaler Bildungsstandards. Um die ehrgeizigen Ziele zu erreichen, sei "Zusammenarbeit über Länder- und Parteigrenzen hinweg" dringend notwendig. "Dazu brauchen wir keinen Bildungszentralismus, sondern die Neubelebung eines kooperativen Föderalismus", erklärte die Ministerin.

Deutschland sei "finster entschlossen", sich bei Reformen an den Besten zu orientieren, unterstrich auch die Vizepräsidentin der Kultusministerkonferenz, Karin Wolff. Im Unterschied zu Bulmahn hob Wolff die Bedeutung der sozialen und familiären Beziehungen von Jugendlichen für deren schulische Leistung hervor. "Wenn fast fünfzig Prozent der Jugendlichen heute sagen, es fehle in der Familie die Zeit, um über Bücher, Filme oder Theater zu reden, dann stimmt etwas nicht", gab Wolff zu bedenken. Ganztagsschulen seien in dem Zusammenhang nicht die einzige Lösung.

Drei Tage lang, bis zum 20.November, tagen internationale Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Bildungswesen in Berlin, um über die Ergebnisse der Pisa-Studie zu diskutieren und gemeinsam Reformansätze zu entwickeln. Die nächste Studie ist für das Jahr 2009 geplant.

http://www.sueddeutsche.de/aktuell/sz/getArticleSZ.php?artikel=artikel3511.php

Nur die Bildung bleibt verschont

Faltlhauser stellt jetzt seine endgültige Streichliste zusammen

Über den Etat für 2002/2003 kann Manfred Ach derzeit nur eins mit Gewissheit sagen: "Es gibt noch unheimlich viele Probleme." Um sie zu lösen, bleibt nur wenig Zeit. Noch vor Weihnachten, bekräftigt der Vorsitzende des Haushaltsauschusses, soll der Doppelhaushalt vom Landtag verabschiedet werden. Auch gestern wieder rangen die Ministerien um die Frage, wer welchen Beitrag zur Sanierung der Staatsfinanzen leisten muss. Auf 800Millionen Euro bezifferte Regierungschef Edmund Stoiber die voraussichtlichen Mindereinnahmen im nächsten Jahr. Vergangene Woche hatte Finanzminister Kurt Faltlhauser noch von einer Milliarde Euro Minus gesprochen.

Fest steht schon jetzt, dass alle Ressorts 2003 rund 550 Millionen Euro einsparen müssen. Diese Entscheidung war bereits auf der Kabinettsklausur in Lautrach getroffen worden, also noch vor der Veröffentlichung der Steuerschätzung. Woher Finanzminister Faltlhauser die restlichen 250 Millionen Euro nehmen wird, vermag derzeit noch niemand zu sagen. Möglicherweise, so heißt es, lasse sich die verbleibende Lücke mit Haushaltsresten oder Rücklagen schließen.

Rätselraten herrscht auch über den Inhalt der Streichliste, die nun im Finanzministerium liegt. Hart könnte es das Landwirtschaftsministerium treffen: In der Diskussion sind Einsparungen bei der Dorferneuerung von 9,5 Millionen Euro und beim Kulturlandschaftsprogramm (Kulap) in Höhe von 5 Millionen Euro. Streichungen beim Kulap hätten allerdings zur Folge, dass auch EU-Fördermittel verloren gingen. Ferner stehen die Staatsforste mit 2,1 Millionen Euro auf der Sparliste. Vom Tisch sind offenbar Pläne, das Blindengeld um 20Millionen Euro zu kürzen. Ein entsprechender Vorschlag von Sozialministerin Christa Stewens war vergangene Woche bekannt geworden. Gestern erklärte das Ministerium, die Erwägungen seien "längst passé", es gebe nun "ganze andere" Vorschläge. Aus den Reihen von Staatsregierung und CSU- Fraktion war zu vernehmen, dass Einsparungen beim Landeserziehungsgeld und bei den Krankenhaus-Investitionen nicht auszuschließen seien. Als sicher gilt, dass neben dem Sozialministerium auch das Verbraucherministerium von Eberhard Sinner "schwer gerupft" wird: Im Zentrum der Kritik stehen dabei die teuren Flugblatt-Kampagnen.

Allein Schulen und Hochschulen sollen halbwegs verschont bleiben. Stoiber hat diese bestärkt, als er vergangene Woche bei der Einweihung der Fakultät für Informatik und Mathematik der Technischen Universität in München erklärte, dass Bildung von den großen Einsparungen ausgenommen sei. Unter anderen sicherte der Ministerpräsident zu, dass Haushaltsreste der Hochschulen trotz der geltenden Haushaltssperre tabu seien – also ins nächste Jahr übertragen werden dürfen. Das Versprechen, die Bildung zu verschonen, ist aber insofern problematisch, weil gerade sie mit jährlich 11,2 Milliarden Euro den größten Anteil am Gesamthaushalt von 35 Milliarden Euro ausmacht. Im Finanzministerium will man Stoibers Rede nicht weiter kommentieren. "Die Meinungsbildung über Einsparungen ist noch nicht abgeschlossen", hieß es dort: Am Freitag kommt der Haushaltsausschuss zu einer Sondersitzung zusammen, nächste Woche berät dann das Kabinett über die Liste der Grausamkeiten.

Sebastian Beck/Christine Burtscheidt

http://www.sueddeutsche.de/aktuell/sz/getArticleSZ.php?artikel=artikel3277.php

Sechsjährige Grundschule abgelehnt

Düsseldorf – Gegen eine Einführung der sechsjährigen Grundschule in NRW hat sich der Arbeitskreis Gesamtschule ausgesprochen. Eine längere Grundschulzeit sei die falsche Antwort auf die Pisa-Studie, sagte der Vorsitzende der gesamtschulkritischen Vereinigung, Ulrich Sprenger. Aus Sicht des Arbeitskreises ist eine zu späte Differenzierung nach Leistungsniveaus im Gegenteil "eine der Ursachen für das miserable Abschneiden der deutschen Schüler". Bundesweit besuchten bereits etwa 40% der Fünft- und Sechstklässler eine Gesamtschule oder eine sechsjährige Grundschule. Diese Schulformen würden jedoch weder den leistungsstarken noch den leistungsschwachen Schülern gerecht, sagte Sprenger. (siehe Seite 34)

http://www.sueddeutsche.de/aktuell/sz/getArticleSZ.php?artikel=artikel3282.php

Nachgefragt:

"Unter einem Dach, aber getrennt"

Pädagoge Ulrich Sprenger fordert Auflösung integrativer Gesamtschulen

Nachdem er 22 Jahre lang im Ruhrgebiet an einer der ersten Gesamtschulen Nordrhein-Westfalens unterrichtet hat, hält Ulrich Sprenger, 71, das Konzept der integrierten Gesamtschule heute für gescheitert. Als Vorsitzender des Arbeitskreises Gesamtschule mit Sitz in Recklinghausen setzt er sich für mehr Differenzierung im Bildungssystem ein.

SZ: Herr Sprenger, wollen Sie die Gesamtschulen abschaffen?

Sprenger: Die kann man gar nicht abschaffen, die stehen ja überall in Beton im Gelände. Man kann sie nur verändern.

SZ: Wie denn?

Sprenger: In Hessen beispielsweise wurden schon sechs integrative Gesamtschulen umgewandelt in additive Einrichtungen. Dort gibt es jetzt also Hauptschul-, Realschul- und Gymnasialklassen unter demselben Dach, mit einer hohen Durchlässigkeit, aber getrennt voneinander. Besonders die Hauptschullehrer waren übrigens dafür.

SZ: Wieso gerade sie?

Sprenger: Sie waren es leid, ihre Schüler zu demotivieren. Leistungsschwache Schüler sind in einer integrativen Gesamtschule hohen psychischen Strapazen ausgesetzt. Die Selektion, die man ja eigentlich vermeiden will, erfahren sie täglich an der Klassentür, wenn sie in die schwächeren Kurse gehen oder immer die einfacheren Aufgaben bekommen.

SZ: Aber auch leistungsstärkere Schüler seien in der Gesamtschule schlecht aufgehoben, behaupten Sie. Warum?

Sprenger: Sie werden nicht angemessen gefördert. Das Max- Planck-Institut für Bildungsforschung hat in einer Langzeitstudie herausgefunden, dass NRW-Gesamtschüler am Ende der 10. Klasse gegenüber Gymnasiasten und Realschülern einen Rückstand von etwa zwei Schuljahren haben - und das bei gleichen intellektuellen und sozialen Voraussetzungen.

SZ: Leistung ist ja nicht alles. Haben die Gesamtschulen vielleicht andere Vorteile, etwa im sozialen Bereich?

Sprenger: Das Gegenteil ist leider der Fall. Dieselbe Studie hat auch gezeigt, dass Gesamtschüler weniger soziale Motivation haben als Realschüler oder Gymnasiasten. Mit zunehmendem Alter geht zum Beispiel normalerweise der Egoismus zurück, und uneigennützige Motive nehmen zu. Nur bei den Gesamtschülern ist es umgekehrt. Es liegt wirklich an der Schulform: In der Gesamtschule wird die Klasse systematisch auseinander gepflückt. Der pädagogische Einfluss des Klassenlehrers und der Gemeinschaft wird dadurch reduziert. Grundsätzlich muss man heute sagen: Die integrierte Gesamtschule ist eine pädagogische Fehlkonstruktion.

SZ: Was wäre denn Ihrer Ansicht nach die ideale Schulform?

Sprenger: Mit dem dreigliedrigen Schulsystem ist es so ähnlich wie mit der Demokratie: Es ist eine hochproblematische Form, aber wir haben keine bessere. Das Bildungssystem, das wir in den 60er Jahren hatten, war eigentlich brillant.

Interview: Rita Vock

http://www.sueddeutsche.de/aktuell/sz/getArticleSZ.php?artikel=artikel3419.php

Wieder scheitert eine Frau

Der Streit um die Besetzung eines Lehrstuhls in München zeigt, wie die Kirchenpolitik die Wissenschaft bedrängt

Von Matthias Drobinski

Dies ist zunächst die gewöhnliche Geschichte über eine Professur für katholisches Kirchenrecht, die neu zu besetzen ist, an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Und doch ist dieses Verfahren brisant: Es hat bereits für viel Ärger gesorgt, die Professorenschaft gespalten. Am Ende dürfte eine der renommiertesten deutschsprachigen Theologinnen verloren haben. Dürfte der langen und trüben Geschichte von der katholischen Theologie und den Frauen ein neues Kapitel hinzugefügt sein; ein weiteres Kapitel auch dieser Endlosgeschichte: Wie unabhängig darf die Theologie von der Kirchenpolitik sein?

Es ist, wie so oft in solchen Fällen, manches Gerücht, Weiterezählung. Klar ist jedoch: Die Münchner Universität sucht einen Nachfolger für den Kirchenrechts-Professor Karl-Theodor Geringer. Im Wintersemester 2001/2002, gab es Probevorlesungen, im Februar 2002 war die Liste der Kandidaten fertig. Darauf standen: Ilona Riedel-Spangenberger, 53, Professorin an der Universität Mainz, bis zu diesem Jahr Vorsitzende des katholisch-theologischen Fakultätentages, mehr als 200 Veröffentlichungen. Dann: Elmar Güthoff, Jahrgang 1961, habilitiert in Budapest, Diözesan-Richter beim Erzbistum Berlin und Mitarbeiter beim Kirchengericht Liechtenstein, seit April 2002 mit befristeter Stelle Professor in Würzburg, Herausgeber einer Zeitschrift sowie mehrerer Sammelbände. Sowie: Markus Walser, Jahrgang 1965, Generalvikar des Opus-Dei-nahen Liechtensteiner Erzbischofs Wolfgang Haas.

Ursprünglich hatte die Berufungskommission Güthoff an die erste Position gesetzt, Riedel-Spangenberger auf Platz zwei. Die Fakultät hatte dann die erfahrene Wissenschaftlerin nach vorne gesetzt. Doch dagegen gab es offenbar heftigen Widerstand. Er soll von einigen Augsburger Theologen gekommen sein, die mitzureden haben, weil Geringer zugleich Fachvertreter für Kirchenrecht an der dortigen Uni ist – in Augsburg gibt es einen starken konservativen Flügel, zu dem auch der Dogmatiker Anton Ziegenaus gehört, der mit dem entsprechend profilierten "Forum deutscher Katholiken" verbunden ist. Die Münchner Kanonisten sollen, anders als die Mehrheit der Fakultät, ebenfalls gegen ihre durchaus selbstbewusst auftretende Mainzer Kollegin gewesen sein. Die Gegner der Professorin hätten Sachargumente geltend gemacht, sagt einer, der bei den internen Sitzungen dabei war, "die Kollegen sagten, man wolle jemanden aus der Praxis – aber es war klar, dass dies nicht die wahren Gründe sein konnten".

Die Liste wanderte dann ordnungsgemäß zur bayerischen Landesregierung – und da liegt sie noch "was ungewöhnlich lange ist", wie ein Münchner Professor sagt. "Und es häufen sich die Signale, dass Frau Professor Riedel- Spangenberger keine Chance mehr hat." Offenbar soll eine Formalie vorgeschoben werden, um der inhaltlichen Frage aus dem Weg zu gehen, wer nun geeigneter ist. Ilona Riedel-Spangenberger ist 53 Jahre alt, ein Jahr über der Altersgrenze für Berufungen. Diese Altersgrenze gibt es, damit ein Bundesland nicht nach einer verhältnismäßig kurzen Lehrtätigkeit unverhältnismäßig hohe Pensionskosten tragen muss; sie wird aber meist ignoriert, wenn die Uni begründen kann, war um sie jemanden haben möchte.

Ein Eingriff von außen in die Entscheidung der Fakultät, so sieht es die Mehrheit der Münchner Theologie-Professoren – und rätselt, wer ihn veranlasst haben könnte. Hat die Minderheit Fürsprecher im Ordinariat gewonnen – am Ende gar Kardinal Wetter selber? Oder haben sie Verbündete im entscheidenden Finanzministerium, wo doch Finanzminister Kurt Faltlhauser privat an der Heiligsprechung des umstrittenen Opus-Dei-Gründers Josemaria Escriva teilnahm? Das alles wird nicht zu klären sein – aber dass nicht nur die Sorge ums Betriebsklima unter den Münchner Kirchenjuristen bei der Entscheidung eine Rolle spielt, ist naheliegend. Ilona Riedel-Spangenberger ist keine Kirchen-Ravoluzzerin, aber wenn sie erklärt, dass ihr Ausgangspunkt "die Vorstellung von der Kirche als ,communio‘ (Gemeinschaft der Gläubigen)" sei, "eine organische synodal und kollegial strukturierte Wirklichkeit ist", dann klingt das anders als bei vielen eher hierarchisch denkenden Kirchenjuristen. Von Güthoff, der bislang kirchenpolitisch nicht exponiert ist, erwartet man wohl weniger riskante Ansätze.

Wieder einmal droht damit die Berufung einer Frau an einen bayerischen Lehrstuhl zu scheitern. Erst vor zwei Jahren waren die Moraltheologinnen Verena Lenzen und Regina Amnicht-Quinn in Augsburg nicht zum Zug gekommen – was zu heftiger Kritik an der Berufungs-Politik des Vatikans geführt hatte, die Priester bevorzuge und Frauen misstraue. Diesmal scheitert die Berufung schon in Deutschland. "Der Kampf wird härter werden", sagt einer der empörten Wissenschaftler. Allein in München sind in den nächsten Jahren neun katholisch- theologische Lehrstühle neu zu besetzen, da wird die Kirchenpolitik der Wissenschaft verstärkt hineinreden wollen. Zumal der Bayerische Rechnungshof die katholischen Fakultäten im Visier hat: zu wenig Studenten, zu viele Professoren, so sein Urteil. Sollte er sich durchsetzen, wird es doppelt wichtig sein, wer die verbleibenden Lehrstühle inne hat.

Alois Baumgartner, der Dekan der katholischen Fakultät, möchte das alles nicht kommentieren. Nur so viel: Ja, die Liste liege bei der Staatsregierung, die Entscheidung werde wohl noch bis ins Frühjahr hinziehen – "wir brauchen ein Nihil Obstat aus Rom". Was heißt, dass die Entscheidung für Güthoff gefallen ist – ihm fehlt die Unbedenklichkeitsbescheinigung aus Rom noch, Ilona Riedel-Spangenberger hat sie seit langem.

http://www.sueddeutsche.de/aktuell/sz/getArticleSZ.php?artikel=artikel3420.php

Der andere Alltag

Angehende Juristen, Politologen und Betriebswirtschaftler können in südosteuropäischen Ländern wertvolle Erfahrungen sammeln

"Lass uns doch darüber reden, wer Schuld am Krieg ist", fragt Omar, und sein Freund Dzemo fügt verständnislos hinzu: "Warum willst du nicht über das sprechen, was wir hier erleben mussten?" Doch die hartnäckigen Fragen machen den Studenten Sasa nur aufgebracht: "Es ist viel zu früh. Der Krieg ist erst seit sieben Jahren zu Ende". Johanna Nüsse beobachtet ihre bosnischen Kommilitonen. Sasa ist Kroate, Omar und Dzemo sind Muslime – alle drei studieren zusammen mit Johanna an der Universität in Sarajevo. Die 24jährige Frankfurterin ist für ein Semester in der bosnischen Hauptstadt, wo sie das Fach Geschichte belegt hat. Während der Vorlesungen wird im Hörsaal oft hitzig diskutiert, denn die eigene, junge Geschichte ist in Sarajevo sehr lebendig. Nach der Vorlesung jedoch verschwinden die Probleme im Zigarettenrauch, zusammen verbringen die Studenten die Pause.

Nacheinander, aber nicht gemeinsam, machen sich die Staaten des ehemaligen Jugoslawien daran, ihre Hochschulsysteme zu reformieren, teilweise an die westlichen anzugleichen und so auch für ausländische Studenten an Attraktivität zu gewinnen. Für deutsche Studenten gibt es gute Gründe, in einem der sechs Nachfolgestaaten zu studieren. "Vor allem für Studenten der Rechtswissenschaft, Politik, Geschichte und Soziologie ist es spannend, den Transformationsprozess im Alltag mitzuerleben. Sie können dann auch Erfahrungen im nicht-akademischen Bereich machen, die ihnen in Deutschland vorenthalten blieben", beschreibt Katharina Ochse vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) die Vorteile eines Studiums in Südosteuropa.

Aber nicht nur der andere Alltag macht das Studium in den Transformationsländern zu einer besonderen Erfahrung. Die Küstenorte Kotor in Montenegro, Split und Zadar an der kroatischen Adria locken auf vielseitige Weise: Zum einen fühlt man sich in dieser Umgebung ein wenig wie im Urlaub, zum anderen werden aber auch internationale Sprachkurse angeboten. Hinzu kommen günstige Lebenshaltungskosten, kleine Universitäten, ein klar gegliedertes Studiensystem und enger Kontakt zu den Professoren.

"Der Unterrichtsstil der Professoren ist frontal, und die Studenten schreiben eifrig mit", sagt Johanna Nüsse. "Doch es gibt durchaus Diskussionen, besonders in den von Assistenten geleiteten Übungen". Die Deutsche erlebt innerhalb der Universität ein "starkes Hierarchiegefüge". Doch als einzige ausländische Studentin weit und breit hätte sie immer gesprächsbereite und sehr offene Professoren erlebt, bestätigt sie den Vorteil des Campuslebens in Sarajevo, den sie an ihrer deutschen Universität so nicht erlebt hat. Aber nicht nur für Geisteswissenschaftler ist Südosteuropa interessant. Auch für Betriebswirtschaftler bestehen gute Karrierechancen. "Viel hat sich in Richtung Ost-, Mittel- und Südosteuropa bewegt, wo die deutschen Händler einen attraktiven Markt voraussehen", sagt Enisa Zukic, Personalberaterin in München.

Das Studium in den Nachfolgestaaten ist vergleichsweise straff organisiert. 30 Wochenstunden sind die Regel. Wer am Ende des Semesters auch nur eine der zahlreichen Prüfungen nicht besteht, muss das gesamte Semester wiederholen. Wer jedoch die Hürden schafft, kann sich zumindest in einigen Ländern wie Slowenien seine Leistungen über das "European Credit Transfer System" (ECTS) bescheinigen und dann an einer deutschen Universität anerkennen lassen.

In Belgrad lehrt Jelena Kostic Germanistik. In den Lektürestunden wird ihr oft klar, unter welch schwierigen Bedingungen sie ihre Studenten zu unterrichten hat. "Manchmal gibt es für einen Kurs nur ein Exemplar eines Romans von Heinrich Böll oder Thomas Mann", beschreibt sie die schlechte Ausstattung der Bibliotheken. Aber auch in den naturwissenschaftlichen oder technischen Studiengängen haben es Dozenten und Studenten nicht leicht, klagt Kostic: "Überall mangelt es an Geld. Für Biologen und Chemiker gibt es manchmal nicht einmal Reagenzgläser."

Katharina Ochse vom DAAD ist trotzdem überzeugt, dass der Einblick in das fremde Bildungs- und Gesellschaftssystem für einen Studenten ein Gewinn sein kann. "Um Enttäuschungen vorzubeugen muss man nur", rät Ochse, "zwei Fragen beantworten: Was bringt mir das Semester für mein Studium, was bringt es mir an persönlichen Erfahrungen?"

Allerdings verlangen die meisten Universitäten Aufnahmeprüfungen, die nur bei kürzeren Studienaufenthalten wegfallen können. Auch Sprachkenntnisse müssen die Ausländer vorweisen, sonst werden sie nicht immatrikuliert. Dass die Erfahrungen in Südosteuropa noch leichter finanzierbar sind, ist sicher ein entscheidender Vorteil. Denn die Tatsache, dass erst wenige in Südosteuropa studieren, wirkt sich bei der Bewerbung um ein Stipendium positiv aus. Und wer gefördert wird, der kann sich teilweise sogar die Studiengebühren sparen, die ausländische Studenten ansonsten prinzipiell zahlen müssen.

Darko Jakovljevic und Nicole Tepasse

In der SZ-Serie über osteuropäische Universitäten bisher erschienen: Polen (5.11.), Tschechien (12.11.).

http://www.sueddeutsche.de/aktuell/sz/getArticleSZ.php?artikel=artikel3421.php

Trainer Deutschlehrer

Berufsorientierung an Hamburgs Schulen

Viele Jugendliche tun sich schwer mit dem Einstieg in den Beruf. Die meisten können ihre Stärken und Schwächen nicht einschätzen, jeder Vierte bricht deshalb Ausbildung oder Studium wieder ab. Personalchefs ärgern sich über Bewerber, die noch nicht mal einen Lebenslauf fehlerfrei schreiben und auch nicht erklären können, warum sie sich für die Stelle interessieren. Berufsorientierung ist zwar schon seit Jahren eine von zahlreichen Aufgaben, die an der Schule vermittelt werden sollen. Doch bislang fehlten konkrete und verbindliche Regeln, welche Inhalte vermittelt werden sollen. So war es den einzelnen Schulen überlassen, wie sehr sie sich engagieren – oder auch nicht.

Die Hamburger Schulbehörde hat nun erstmals feste Rahmenpläne für die Berufsorientierung aufgestellt. Sie gelten von der 5. Klasse Haupt- und Realschule an und treten voraussichtlich zum 1. August 2003 in Kraft. Dann wird beispielsweise der Deutschlehrer nicht nur Brecht interpretieren, sondern auch die Bewerbungsunterlagen seiner Schüler. In Fächern wie Biologie oder Erdkunde sollen Berufsfelder erkundet, in Sozialkunde über die Geschlechterfrage beim Berufszugang diskutiert werden. Ziel ist es, Berufsorientierung zu einem fächerübergreifenden "Thema der Lebensplanung" zu machen, so Alfred Lumpe von der Schulbehörde. Lumpe will "best practice"- Beispiele veröffentlichen und erhofft sich dadurch und mit dem "Berufswahlpass", der an alle Schüler ausgeteilt wird, einen Wettbewerbsdruck. Dann würden sich Schüler und Eltern womöglich für jene weiterführenden Schulen entscheiden, die nicht nur fit fürs Leben, sondern auch für den Beruf machen. Der Lehrerverband in der Hansestadt sieht das Vorhaben eher skeptisch. Es herrsche eine große Verunsicherung, was die Inhalte und die Umsetzung angeht, sagt der stellvertretende Vorsitzende Thomas Grundt, die ganze Sache sei "etwas voreilig" beschlossen worden, auch ohne Fortbildungsangebot für die Pädagogen.

Marion Schmidt

http://www.sueddeutsche.de/aktuell/sz/getArticleSZ.php?artikel=artikel3422.php

Mathenah

Museum in Gießen soll Interesse wecken

Das erste Mathematik-Museum der Welt steht in Gießen und wird am heutigen Dienstag von Bundespräsident Johannes Rau eröffnet. Initiator ist der mehrfach preisgekrönte Mathematiker Albrecht Beutelspacher, der seit Jahren mit ausgeklügelten Exponaten mathematische Phänomene der breiten Öffentlichkeit nahe bringt und dabei nicht wenige Schüler für das sonst oft als trocken empfundene Fach begeistert. Um diese Wirkung in den Schulunterricht hinein zu unterstützen, hat unter anderem die Volkswagenstiftung das neue Museum mit

25 000 Euro gefördert. Beutelspacher hofft, dass jährlich rund 60 000 Schüler, Lehrer, Studierende und andere Interessenten den Weg nach Gießen finden, "denn das Mathematikum ist nicht nur eine Spielwiese, sondern soll auch der Mathematikausbildung in diesem Land nützen." (www.mathematikum.de )

http://www.sueddeutsche.de/aktuell/sz/getArticleSZ.php?artikel=artikel3426.php

Streitnah

Hessen will Ganztagsmittel für Bücher

278,4 Millionen Euro wollte Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) in den nächsten fünf Jahren hessischen Schulen geben, die Ganztagsangebote entwickeln. Doch mit ihrer Ankündigung, einen "beachtlichen Teil" der Millionen für Bibliotheken zu verwenden, hat die Wiesbadener Kultusministerin Karin Wolff (CDU) in Berlin Irritationen ausgelöst. "Wenn das einseitig auf Schulbibliotheken ausgerichtet wird, müssen wir überlegen, ob wir die Mittel zur Verfügung stellen", sagt Bulmahns Sprecher Peter Ziegler. Allerdings bemühe sich das Ministerium um einen Konsens. Mit einem insgesamt vier Milliarden Euro schweren Programm will der Bund vor allem Baumaßnahmen wie Küchen, Sporthallen und Unterrichtsräume fördern. Als Voraussetzung für eine Finanzspritze verlangt Bulmahn ein pädagogisches Konzept für die Ganztagsbetreuung, etwa Kooperationen der Schulen mit Sport- und Musikvereinen. Ähnliche Vorstellungen hat bislang Wolff geäußert, die Nachmittage nicht mit Regelunterricht, sondern mit freiwilligen Zusatzangeboten füllen will. Großen Wert legt sie dabei auf die Förderung des Lesens als Grundvoraussetzung des Lernens.

dpa/SZ


 

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