Stellungnahmen im Mai/Juni 2004

 

 

 

1. Stellungnahme: vom 14.05.2004, Frank Auer – Elternverein Hamburg e.V.

Wieviel sparen hält Hamburgs Bildung noch aus???

 Schließungen von Grundschulen wegen zu geringen Anmeldezahlen. Welch ein erschreckender Denkansatz. Gerade in Grundschule, dem Einstieg unserer Kinder in die Schulwelt, ist es doch wichtig in kleineren Klassenverbänden Unterricht zu gestalten. Hier liegt die Chance individuell auf jedes Kind einzugehen. Unterricht zu gestalten, der Freude macht. Kinder den Gang in die Schule zu erleichtern und ihnen Spaß am Lernen zu vermitteln. Wie war die Aussage von Frau Dinges-Dierig bei Ihrem Besuch der Elternkammer: "Die Schulqualität soll sich verbessern."

Dorfschule, Maulkörbe, schmutzige Hauptschüler und Schulschließungen lenken nur von der Inhaltlosigkeit der Behörde in der Hamburger Straße ab. Hat sich die Behörde eigentlich mal überlegt, was das im Einzelnen für die betroffenen Kinder und deren Eltern zur Folge hat? Nehmen wir mal die Grundschule Moorburg als Beispiel. Hier hat die SAGA/Liegenschaft in den letzten Jahren 8,1 Mio in die Sanierung ihrer Gebäude gesteckt, um diese für Familien attraktiver zu machen. 90% der Wohnungen gehören der Stadt. In Infrastruktur sollte Geld investiert werden, und durch die gute Verkehrsanbindung ist Moorburg für Pendler interessant geworden. Jetzt soll die Grundschule mit der Kita wegfallen. Der Ort wird verwaisen oder zur Schlafstadt mutieren. Und was will der Senat mit Wohnungen, die keiner beziehen will. In anderen von der Schließung bedrohten Grundschulen wie Beltgens Garten in Borgfeld wurden seit 2001 noch 1.5 Mio Euro investiert. Verschwendung von Steuergeldern??

Große Klassenverbände, Unterricht streng nach Lehrplan (dank dem LAZM ), keine Projektwochen, strengere Disziplinarmaßnahmen. Klar kann man jetzt sagen: "Das hat mir auch nicht geschadet." Aber genau dann können wir uns das Geld für teure Studien, ob jetzt PISA, LAU oder wie sie alle heißen mögen, sparen. Dann gehen wir wieder dahin zurück, wo wir vor 20 Jahren waren, und übernehmen dieses Bildungssystem, das dann auch noch einen tollen Nebeneffekt hat: Es ist billiger. Und genau da liegt das Hauptproblem. Hinter allen Aussagen aus der Hamburger Straße leuchtet der Rotstift. Es muss gespart werden, und das soll den Eltern klargemacht werden, aber bitte auf die sanfte Art. Ärger machen die Eltern sowieso, und dumm sind sie auch nicht. In Hamburg gibt es eine Vielzahl engagierter Eltern, die sich nicht für dumm verkaufen lassen. Eine Politik von Zuckerbrot und Peitsche ist genau der falsche Weg. Wir dürfen daran eines nicht vergessen. Jede Sparmaßnahme und jede Schulschließung geht zu Lasten unserer Kinder.

 

 

Der Elternverein Hamburg fordert eine klare Schulpolitik, zurück zu den Inhalten und zu einer Strukturdebatte. Viele Eltern, Organisationen und Parteien wollen ein geändertes Schulsystem. Hin zu jahrgangsübergreifendem Unterricht, starken Schülern und vor allem guten Schülern. Eine Schule für alle, die Spaß macht und nachhaltigen Unterricht macht. Eine Schule, die Schwache fördert und Gute stützt. Eine Schule, die Integrativ arbeitet.

Ist es so schwer über den Tellerrand hinauszuschauen und sich bei den Nachbarländern einiges abzukopieren? Muss das Rad unbedingt neu erfunden werden?? Passiert bei unserem Schulsystem das Gleiche wie beim Mautsystem?? Andere Ländern haben ein funktionierendes System, das Erfolge erwirtschaftet, aber Deutschland muss alles noch besser haben. Holen wir die Fachleute aus Skandinavien oder Kanada und lassen uns beraten, wie wir unser Schulsystem auf Vordermann bringen, führen wir Hamburg gemeinsam in der Schulpolitik an die Spitze, werden wir ein Wegbereiter für die ganze Republik. Bei dem ganzen technologischen Fortschritt, den wir zu verzeichnen haben, dürfen wir eines nicht vergessen, es arbeiten Menschen und in der Zukunft unsere Kinder. Wenn diese Bildungspolitik so weitergeführt wird, können Praxistage in Zukunft auf dem Arbeitsamt stattfinden. Dagegen wollen wir uns wehren und kämpfen, auch darum, dass wir ein Einsehen in der Bildungsbehörde erreichen. Liebe Bildungssenatorin, sprechen Sie mit den Eltern, gehen Sie zur Basis. Reden Sie mit Ihren Schulleitern anstatt ihnen Maulkörbe zu erlassen. Das erinnert an Zeiten, die wir nie mehr haben wollten.

 

 

2. Stellungnahme: 04.06.2004 Frank Auer – Elternverein Hamburg e.V.

zur Finnlandreise der Senatorin

Finnland ist nicht besser ­ Finnland ist anders

 

Das deutsche Schulsystem mit dem in Finnland zu vergleichen, ist Äpfel mit Birnen gleichzusetzen. Es ist auch falsch zu versuchen die positive Synergien der PISA Sieger 100% auf das deutsche Schulsystem zu kopieren. Aber es wäre ein Ansatz, die Dinge, die gut laufen und die Visionen darstellen, im ersten Weg zu übernehmen und in Hamburger Schulen auszuprobieren. Ein Auffangbecken für Wiederholer in der 10 Klasse sehen wir nicht als negativ an. Hier wird doch dann eine spezielle Förderung diesen Kindern zuteil. Warum soll das falsch sein, in seiner schulischen Laufbahn nur einmal zu wiederholen als wie bei dann 2 oder mehrmals? Allein schon aus finanzieller Sicht eine wesentliche Kostenersparnis. Diese Ressourcen können in anderen Bereichen gewinnbringender an die Kinder gebracht werden.

Senatorin Dinges Dierig meint "Deutschlands Lehrer müssen sich um alles kümmern" ­ was für eine Aussage. Wir benötigen genau wie die Finnen Sozialarbeiter und Pädagogen an unserer Schulen. Mehr denn je zum jetzigen Zeitpunkt. Kind sein hat sich verändert, sehr sogar. Auch Eltern sein hat sich verändert. Das soziale Miteinander hat lange nicht mehr den Stellenwert, den er noch vor 30 Jahren hatte. Wir leben in einer Leistungsgesellschaft, wer diese nicht bringt, bleibt auf der Strecke. Viele Kinder wachsen als Schlüsselkinder auf, leben mit einem allein erziehenden Elternteil zusammen. Auf diese sozialen Komponenten muss die Schule eingehen. Das kann sie nur unzureichend, weil das Personal fehlt. Und eigentlich soll Schule Lernen vermitteln. Was soll Schule nun machen? Lerninhalte vermitteln oder Kinder erziehen? Und mit welchem Personal??

Da passt der Beschluss der BBS, die Klassengröße zu erhöhen, nicht ganz dazu. Noch mehr Kinder, noch weniger Betreuung, noch schlechterer Unterricht? Was sind hier wieder die Konsequenzen: wenn die Schülerzahlen unter den vorgegebenen Klassengrößen bleiben, wird Personal eingespart. Genau das will dieser Senat, insbesondere wenn man weiß, dass 2012 die Anmeldezahlen stark zurückgehen werden. Wieder finden wir verdeckte Sparmaßnahmen. "Eine individuelle Förderung schwacher Schüler gibt es bei uns auch" ­ wo bitte Frau Senatorin und mit welchem Personal. Mit Lehrer/Innen, die bereits jetzt an ihrer Leistungsgrenze angelangt sind?

Eine Systemdiskussion bringt sehr wohl was. Warum macht die Behörde die Ergebnisse der letzten KESS Studie nicht öffentlich. Zeigt sich da der planlose Weg der CDU in der Hamburger Bildungspolitik? Deckt die KESS Studie die handwerklichen Mängel der BBS auf?

Senatorin Dinges Dierig sieht Deutschland im beruflichen System vorne. Das kann man gerne so sehen. Aber wie sieht es vor der Ausbildung aus? Wenn wir die Handwerker-Innung fragen, sind alleine in Harburg seit August 2003 noch 150 Ausbildungsplätze frei. Schön, würde man sagen, aber diese Plätze sind offen, weil die Qualifikation der Hauptschüler nicht ausreicht. Wenn das duale Ausbildungssystem so gut ist, warum sollen dann die beruflichen Schulen in eine Stiftung überführt werden?

Wir müssen eine Strukturdebatte führen, die aber sich nicht nur mit Schulformen beschäftigt. Wir müssen uns auch über Organisation, Standards und Management unterhalten. Das muss alles zur gleichen Zeit passieren. Und wir müssen über alle Schulbereiche offen diskutieren. Wir wollen eine Schule für alle. Warum nicht als Modellversuch an einer Hamburger Schule?

Senatorin Dinges Dierig ist dabei sich das in sie gesetzte Vertrauen sehr schnell zu verspielen. Selbst Herr Lange, dessen Politik wir nicht geliebt haben, hat sich selbst in stürmischen Zeiten dem Dialog mit den Eltern gestellt.

 

 

3 . Presseerklärung vom 4.06.2004 Karen Medrow-Struß – Elternverein Hamburg e.V.

Neuwahlen beim ELTERNVEREIN HAMBURG e.V.

Heftige Kritik an der Bildungspolitik der Hamburger CDU und ihrer Senatorin Frau Dinges-Dierig.

 

Der ELTERNVEREIN HAMBURG e.V. hat einen neuen 2. Vorsitzenden gewählt. Nachdem Frau Sabine Boeddinghaus als Abgeordnete in die Hamburger Bürgerschaft eingezogen ist, wurde Herr Frank Auer neu in diese Position gewählt. Damit will der ELTERNVEREIN HAMBURG e.V. seine parteipolitische Unabhängigkeit deutlich machen, um weiterhin die bildungspolitische Arbeit aller Hamburger Bürgerschaftsparteien kritisch und konstruktiv zu begleiten. Der ELTERNVEREIN HAMBURG e.V. ist seit seiner Gründung vor über 30 Jahren immer mehr zu einem unverzichtbaren Bestandteil der aktiven Elternschaft in Hamburg geworden. Auf seinen öffentlichen Veranstaltungen zu aktuellen bildungspolitischen Themen bietet er Eltern und Bildungspolitikern ein Forum zum öffentlichen Dialog.

Herr Frank Auer ist 38 Jahre alt und hat selbst 1 Kind im Alter von 8 Jahren. Während seiner Tätigkeit im ELTERNVEREIN HAMBURG e.V. ist er bereits aktiv im Elternrat der Grundschule Neuland, Zusammenschluss der Grundschul-Elternräte im Süderelberaum und Kreiselternrat 71. Er freut sich über sein neues Tätigkeitsfeld und möchte vor allen Dingen erreichen, dass das bildungspolitische Chaos in Hamburg endlich beendet und konsequent in Richtung auf ein integratives Bildungssystem gesteuert wird, wie es die PISA-Sieger praktizieren. "Kürzungen und Einsparungen zugunsten der Eliten, wie es derzeit in Hamburg praktiziert wird, sind eindeutig der falsche Weg, um eine breite und solide Bildungsbeteiligung zu erreichen. Keine Partei, die eine derartige Kahlschlagpolitik im Bildungsbereich umsetzt, kann von sich behaupten, einen bildungspolitischen Schwerpunkt zu haben. Es sei denn, man meint einen Sparschwerpunkt. Die CDU in Hamburg begeht bereits jetzt, kurz nach der alleinigen Machtübernahme Wahlbetrug!", sagt Frank Auer zur aktuellen Hamburger Bildungspolitik.

Die Vorsitzende des ELTERNVEREIN HAMBURG e.V. ergänzt: "Das ist dem Verein in den letzten dreißig Jahren nicht vorgekommen, dass eine Senatorin den offenen Dialog propagiert und dann an keiner Stelle praktiziert. Wir weinen der Politik von Ex-Senator Lange und seinem Nachfolger Soltau keine Träne nach, aber diese Herren haben es zumindest verstanden, öffentlich für ihre Politik einzutreten und auch den zum Teil unangenehmen Weg einzuschlagen, sich der Kritik im direkten Dialog zu stellen! Der neue Politikstil besteht aus täglich neuen Hiobsbotschaften und Verkündungen aus der Behörde und einer Hinhaltetaktik bei der Auseinandersetzung mit den Betroffenen. Da kann man noch so oft nach Finnland fahren, wenn das Ergebnis diese chaotische Bildungssparpolitk ist. Den Eltern wird immer unklarer, in welche Richtung der Zug fährt und die Senatorin Dinges-Dierig tut alles nur Mögliche, um ihre Ziele weiter zu verschleiern."

Der ELTERNVEREIN HAMBURG e.V. erwartet von Frau Dinges-Dierig noch vor den Sommerferien als Gast auf einer öffentlichen Veranstaltung für ihre Politik einzutreten und mit Hamburger Eltern den offenen Dialog zu beginnen. Eine Schulentwicklungsplanung ohne Beteiligung der Betroffenen kann nur schief gehen. Wir haben die Senatorin eingeladen ­ bisher ohne entsprechende Resonanz!

 

 

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