Hamburg, den 02.02.01

LESERBRIEF

Sehr geehrte Damen und Herren,

zu dem Artikel "Hamburgs Schulen privatisieren" HA v. 1.2.01 bitte ich um Veröffentlichung des folgenden Leserbriefes:

 

Wa(h)re Bildung?

Die Handelskammer spricht unverblümt aus, was der ELTERNVEREIN HAMBURG e.V. und andere Bildungsverbände seit der Einführung internationaler Leistungstests (z.B. TIMSS und PISA) befürchten: Bildung soll marktgerecht und profitorientiert zur Ware werden. Wie im Supermarkt, sollen sich Eltern und ihre Kinder in Zukunft Bildung einkaufen können. Gute Bildung gibt’s im Delikatessenladen, die Schnäppchen im Schuldiscounter um die Ecke. Bezahlt wird mit Bildungsgutscheinen. Der Haken an der Sache: die Gutscheine reichen eben nur für die "Schnäppchenbildung". Bessere Schulen mit engagierten Lehrern und guter Ausstattung kosten dann schon etwas mehr! Es ist ja so einfach: der Geldbeutel soll mal wieder die Lebenschancen bestimmen. Jede Gesellschaftsklasse bleibt schön für sich. Und was die Handelskammer Hamburg ein wenig schamhaft verschweigt: an privaten Schulen wird auch noch kräftig verdient!

Da ist der Wunsch nach den sogenannten "Kopfnoten" geradezu ein unwichtiger Mitläufer. Selbst in der Schulbehörde wird laut über die Bewertung des Sozialverhaltens nachgedacht. Merkt denn keiner, dass auch dieses die Zeugnisse etwas "marktgerechter" gestalten soll? Wer beurteilt z.B. in Zukunft, ob ein Lehrer oder eine Lehrerin überhaupt soziales Verhalten richtig beurteilen kann? Schließlich kommen die LehrerInnen selbst aus einer anderen "Bildungsklasse" mit eigenen Wertvorstellungen.

Der ELTERNVEREIN HAMBURG e.V. wendet sich entschieden gegen die Vorschläge der Handelskammer Hamburg und fordert vielmehr die Fortführung der Grundschule als Gesamtschule, damit jedes Kind in Hamburg die gleichen Bildungschancen erhält - auch ohne Winterschlussverkauf!

Karen Medrow-Struß (Vorsitzende des ELTERNVEREIN HAMBURG e.V.)

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